▶ JETZT! Kostenlos lesen Bestseller-Bücher online
  • HOME
  • BUCH
    • Populäres Buch
    • Bücherliste
    • Genre-Liste
  • BLOG
Suche Erweitert
Sign in Sign up
  • HOME
  • BUCH
    • Populäres Buch
    • Bücherliste
    • Genre-Liste
  • BLOG
  • Adult
  • Action
  • Bestseller
  • Romance
  • Fantasy
  • Thrillers
  • Science-fiction

Wie Wiselis Weg gefunden wird - Teil 17

  1. Home
  2. Wie Wiselis Weg gefunden wird
  3. Teil 17
Prev
Next

ein Leid angetan haben?«

»Ach, um Himmels willen, nein, Frau Oberst, so meine ich es nicht«, entgegnete Andres aufgeregt. »Aber nun ist das Kind bei mir gewesen und hat mir ein Leben gemacht in meinem Häuschen, wie im Paradies. Und jetzt muß ich das Kind wieder hergeben, und alles wird viel öder und leerer um mich her sein als vorher. Ich kann es nicht aushalten. Sie können sich gar nicht denken, wie lieb mir das Kind ist. Ich kann es nicht aushalten, wenn sie mir’s wegnehmen. Morgen muß es gehen, der Onkel hat schon zweimal den Buben geschickt. Es müsse nun zurück-kommen, morgen müsse es sein. Und dann ist noch etwas, das mir fast das Herz zersprengt. Seitdem der Onkel den Buben geschickt hat, ist das Kind ganz still geworden und weint heimlich. Es will es nicht so zeigen, aber man kann’s sehen, es fällt ihm schwer zu gehen. Und morgen muß es sein. Ich übertreibe nicht, Frau Oberst. Aber das kann ich sagen. Alles, was ich seit dreißig Jahren erspart und erarbeitet habe, gäbe ich seinem Onkel, wenn er mir das Kind ließe.«

Die Frau Oberst hatte den aufgeregten Andres zu Ende reden lassen. Jetzt sagte sie ruhig: »Das würde ich nicht tun an Ihrer Stelle. Ich würde es ganz anders machen.«

Andres schaute sie fragend an.

87

»Seht, Andres, so würde ich es machen. Ich würde sagen: ›All mein wohlverdientes Gut will ich jemandem zurücklassen, der mir lieb ist. Ich will das Wiseli an Kindesstatt annehmen, ich will sein Vater sein, und es soll als mein Kind in meinem Haus bleiben.‹ Würde Ihnen das nicht gefallen, Andres?«

Der Andres hatte lautlos zugehört, und seine Augen waren immer größer geworden. Jetzt ergriff er die Hand der Frau Oberst und drückte sie.

»Kann man das wirklich machen? Könnte ich sagen: das Wiseli ist mein Kind, mein eigenes Kind, und niemand hat mehr ein Recht an dem Kind, und kein Mensch kann es mir mehr nehmen?«

»Das können Sie, Andres«, versicherte die Frau Oberst. »Sobald das Wiseli Ihr Kind ist, hat kein Mensch mehr ein Recht auf das Kind. Sie sind der Vater. Und weil ich mir gedacht hatte, Sie könnten den Wunsch haben, das Wiseli zu behalten, so habe ich meinen Mann gebeten, heute nicht fortzugehen, falls Sie etwa zur Stadt in die Kanzlei fahren würden, daß alles bald festgesetzt werde, denn zu Fuß können Sie noch nicht gehen.«

Andres wußte gar nicht, was er tat vor Aufregung und Freude.

Er lief dahin und dorthin und suchte den Sonntagsrock. Dann rief er immer wieder: »Ist es auch sicher wahr? Kann’s auch sein?« Dann stand er wieder vor der Frau Oberst und fragte:

»Kann es jetzt sein, gleich jetzt, heute noch?«

»Gleich jetzt«, versicherte sie. Doch gab sie nun dem Schreiner Andres die Hand zum Abschied, sie mußte gehen und ihrem Mann mitteilen, daß Andres schon reisefertig sei.

»Sie sollten es dem Wiseli erst am Abend sagen, wenn alles gut eingeleitet ist«, bemerkte die Frau Oberst noch unter der Tür.

»Ja, sicher, sicher«, gab Andres zur Antwort. »Jetzt brächte ich ohnehin kein Wort hervor.«

Als die Tür sich schloß, setzte sich Andres auf seinen Stuhl und zitterte an Händen und Füßen so sehr, daß er meinte, er 88

könne nie mehr aufstehen. So waren ihm die Freude und Aufregung in alle Glieder gefahren. Es dauerte kaum eine halbe Stunde, da kam schon der Wagen des Obersten angefahren und hielt am Gärtchen des Schreiners. Und zu Wiselis unbeschreibli-chem Erstaunen stieg der Knecht von seinem Sitz herunter, kam herein, und nach wenigen Minuten sah es, wie er wieder herauskam, den Schreiner Andres mit beiden Armen festhielt und ihm dann in den Wagen half.

Wiseli schaute dem Fuhrwerk nach, als bewege sich etwas Unfaßliches vor seinen Augen, denn der Schreiner Andres hatte kein Wort mehr zu ihm sagen können, nicht einmal, daß er ausfahren werde.

Jetzt ging Wiseli in die Stube hinein und setzte sich ans Fenster, wo sonst der Schreiner Andres saß. Und es konnte nichts anderes mehr denken als nur immerzu: Heute ist der letzte Tag, und morgen muß ich zum Onkel gehen.

Als der Mittag herankam, ging Wiseli in die Küche hinaus und machte zurecht, was der Andres essen sollte. Aber er kam nicht, und es wollte nichts essen, wenn er nicht dabei war. So ging es wieder hinein, und sofort stand der traurige Gedanke wieder vor ihm.

Aber endlich wurde es so müde vom Nachdenken, daß sein Kopf ihm auf die Schulter fiel und es fest einschlief. Aber noch im Schlaf mußte es immer sagen: »Und morgen muß ich zum Onkel gehen.« Und Wiseli sah nicht, wie leise der helle Abendschein in die Stube fiel und einen schönen Tag verkündigte.

Wiseli schreckte hoch, als jemand die Stubentür öffnete. Es war der Schreiner Andres. Das Glück leuchtete ihm aus den Augen wie heller Sonnenschein, so hatte ihn Wiseli noch nie gesehen. Es schaute verwundert zu ihm auf. Jetzt mußte er auf seinen Stuhl sitzen und Atem holen vor Rührung, nicht vor Erschöpfung. Dann rief er mit triumphierender Stimme: »Es ist wahr, Wiseli, es ist alles wirklich wahr! Die Herren haben alle ja 89

gesagt. Du gehörst mir, ich bin dein Vater, sag mir einmal

›Vater‹!«

Wiseli war ganz schneeweiß geworden. Es stand da und starrte den Andres an, aber es sagte kein Wort und bewegte sich nicht.

»Ja so«, fing Andres wieder an, »du kannst es ja nicht begreifen, es kommt mir alles durcheinander vor Freude. Jetzt will ich von vorn anfangen. Siehst du, Wiseli, jetzt eben habe ich es in der Kanzlei unterschrieben. Du bist jetzt mein Kind, und ich bin dein Vater, und du bleibst hier bei mir für immer und gehst nie mehr zurück zum Onkel. Hier bist du daheim, hier bei mir.«

Jetzt hatte Wiseli alles begriffen. Auf einmal sprang es auf den Andres zu, umfaßte ihn mit beiden Armen und rief: »Vater!

Vater!« Der Andres brachte kein Wort mehr hervor und das Wiseli auch nicht, denn es kam so viel zusammen im Herzen und in den Gedanken, daß es ganz überwältigt wurde. Aber mit einemmal war es, als ob ihm ein helles Licht aufginge. Es schaute den Andres mit leuchtenden Augen an und rief.

»O Vater, jetzt weiß ich, wie es zugegangen ist und wer uns geholfen hat.«

»So, so, und wer denn, Wiseli?« fragte er.

»Die Mutter!« war die rasche Antwort.

»Die Mutter?« wiederholte Andres, ein wenig erstaunt. »Wie meinst du das, Wiseli?«

Jetzt erzählte das Kind, wie es die Mutter gesehen hatte, ganz deutlich, wie sie es bei der Hand genommen und ihm einen sonnigen Weg gezeigt und gesagt hatte: Sieh, Wiseli, das ist dein Weg.

»Und jetzt, Vater«, fuhr Wiseli eifrig fort, »jetzt ist mir auf einmal in den Sinn gekommen, wie der Weg war, gerade so, wie der draußen im Garten, wenn die Sonne darauf scheint und die Nelken so rot glühen und auf der anderen Seite die Rosen. Und die Mutter hat ihn schon gekannt und hat gewiß das ganze Jahr den lieben Gott gebeten, daß ich auf den Weg kommen dürfe.

Sie hat schon gewußt, wie gut ich es bei dir haben würde, wie 90

sonst nirgends auf der ganzen Welt. Das glaubst du jetzt auch, Vater, daß alles so gegangen ist, nicht wahr, seit du weißt, daß die Mutter mir den Weg bei den Nelken gezeigt hat?«

Der gute Andres konnte nichts sagen, die hellen Tränen liefen ihm die Wangen hinunter. Dabei aber lachte ihm eine solche Freude aus den nassen Augen, daß es dem Wiseli nicht bange wurde.

Als er aber endlich etwas sagen wollte, da hörte man nichts davon. Denn in dem Augenblick wurde mit einem Krach die Tür aufgeschlagen, und herein sprang mit einem Satz bis mitten in die Stube der Otto. Dann machte er noch einen großen Sprung über einen Stuhl und rief: »Juhe, wir haben gewonnen, und das Wiseli ist erlöst!«

Hinter ihm stürzte das Miezchen hervor, rannte gleich auf seinen Freund los und sagte mit bedeutungsvollem Winken gegen die Tür hin: »Jetzt, Andres, wirst du gleich sehen, was zum Genesungsfest kommt!«

Und da kam schon der Bäckerjunge herein mit einem so ungeheuren Brett auf dem Kopf, daß er in der Tür steckenblieb und nicht damit weiter konnte. Aber von hinten kam eine kräftige Hand, die hob und schob und stützte das wankende Gebäude, bis es glücklich in der Stube angelangt und auf den Tisch gesetzt war, den es gänzlich bedeckte. Denn Otto und Miezchen hatten Sparbüchsen geopfert und zum Genesungsfest den allergrößten Rahmkuchen machen lassen, den ein Mensch machen könnte. Da er nun zu klein geworden wäre als runder Kuchen, so hatte man ihn viereckig gemacht, so daß er den Ofen ausfüllte von vorn bis hinten und nun den ganzen Tisch bedeckte.

Auf den Boden stellte nun die Trine, die hinter dem Bäcker-jungen hilfreich hereingekommen war, ihren großen Korb. Da waren ein schöner Braten darin und Wein dazu, denn die Frau Oberst hatte gesagt, heute habe der Andres gewiß noch keinen Bissen gegessen. Und vielleicht das Wiseli ebenfalls nicht, und 91

so war es auch. Jetzt merkte auch das Wiseli, daß es hungrig war, als es alle die einladenden Sachen vor sich sah.

Nun setzte sich die ganze Gesellschaft an den Tisch, und man konnte gar nicht absehen, wer von allen das fröhlichste Gesicht hatte. Vor allem mußte der Riesenkuchen in der Mitte zerschnit-ten und die Hälfte auf den Boden gelegt werden, daß man Platz bekam. Nun folgte ein fröhliches Festessen, denn jedem, der an diesem Tisch saß, war sein höchster Wunsch in Erfüllung gegangen.

Als es nun spät geworden war unter all der Freude und man endlich vom Tisch aufstehen

Prev
Next

SIE KÖNNEN AUCH MÖGEN

Heimatlos
Heimatlos
April 22, 2020
Heidi – Johanna Spyri
Heidi – Johanna Spyri
April 22, 2020
Was soll denn aus ihr werden
Was soll denn aus ihr werden?
April 22, 2020
  • HOME
  • Copyright
  • Privacy Policy
  • DMCA Notice
  • ABOUT US
  • Contact Us

© 2019 Das Urheberrecht liegt beim Autor der Bücher. All rights reserved