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Vermisst - Avi Avraham ermittelt - Teil 54

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Levi, die junge Kollegin, die ihn an seinem Geburtstag angerufen und von dem anonymen Anruf zu Ofer unterrichtet hatte, kam herein und sagte: »Jemand hat das für Sie abgegeben.« Sie reichte ihm einen braunen Umschlag, auf dessen Rückseite mit schwarzem Kugelschreiber geschrieben stand: Für Inspektor Avi Avraham.

»Ist er noch da?« Avraham Avraham war aufgesprungen. Noch während sie den Kopf schüttelte, stürmte Avraham Avraham bereits aus dem Revier. Seev Avni war nirgendwo mehr zu sehen.

Avraham las den Brief auf den Stufen zum Portal des Reviers sitzend und rauchte eine Zigarette. Avni schrieb:

Inspektor Avraham, seien Sie gegrüßt!

Sicher werden Sie überrascht sein, einen Brief von mir zu erhalten. Um ehrlich zu sein, ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, Ihnen zu schreiben, bis ich die Zeitungsartikel über Ofer Sharabi gelesen und verstanden hatte, dass auch ich einen Schlussakkord in dieser Angelegenheit benötige. Klar ist, dass dieser Abschnitt meines Lebens mich immer begleiten wird, aber ich möchte weitergehen, genau wie auch Sie weitermachen. Am liebsten würde ich mich mit Ihnen treffen, nicht bei der Polizei, sondern an einem angenehmeren und freundlicheren Ort, und das Gespräch, das ich mit Ihnen zu führen gehofft hatte, fortsetzen oder, eigentlich, endlich beginnen. Aber da dies unrealistisch ist (habe ich recht?), bin ich gezwungen, Ihnen einen Brief zu schreiben, was gewiss eine symbolträchtige (mancher würde sagen: ironische) Note hat angesichts der Umstände, unter denen wir uns kennengelernt haben.

Zunächst einmal – das ist mir wichtig – sollen Sie wissen, dass ich nicht im Reinen bin mit mir, nachdem, was ich getan habe, auch nicht, nachdem ich feststellen konnte (im Großen und Ganzen, ich habe noch nicht alles ganz verstanden), von welch zentraler Bedeutung meine Rolle bei der Überführung von Ofers Eltern gewesen ist, aber vielleicht ja gerade deshalb. Es versteht sich von selbst, dass Rafael Sharabi bestraft werden muss, etwas anderes würde ich nie wollen, aber ich habe meine Schwierigkeiten damit, Teil einer Falle gewesen zu sein, die Sie ihm gestellt haben. (Wenn ich das richtig verstehe, was passiert ist?!) Rückblickend würde ich Ihr »großzügiges Angebot« ablehnen wollen, oder wäre gerne ein Mensch, der imstande ist, das zu tun. Zu meinem Bedauern bin ich das nicht, noch nicht. Wenn ich mich selbst quäle wegen meiner Feigheit, die mich Ihre »Offerte« hat annehmen lassen, versuche ich mir einzureden, dass ich wegen meiner Frau und meinem Sohn nicht anders handeln konnte. Und außerdem sage ich mir, dass ich ja jetzt über vertrauliche Informationen verfüge, die gegen die Polizei verwendet werden könnten. Wir befinden uns damit fast auf Augenhöhe, nicht wahr? Sie wissen Dinge über mich, von denen ich nicht möchte, dass jemand sie erfährt, aber ich weiß auch etwas über Sie, das Sie nicht gern publik gemacht haben möchten (das soll keine Drohung sein).

Zweitens wollte ich Ihnen schreiben, dass ich von unserer Begegnung zutiefst enttäuscht war (und ich hoffe, Sie sind imstande, meine Direktheit zu schätzen). Als wir uns trafen, hatte ich das Gefühl, es könnte zu einem ehrlichen Gespräch zwischen uns kommen, aber offensichtlich habe ich mich in Ihnen getäuscht. Vom ersten Augenblick an haben Sie mich und meine Absichten nicht verstanden, haben mich vorschnell verurteilt, haben alles, was ich Ihnen über die Nähe zwischen Ofer und mir erzählt habe, in Verdächtigungen gegen mich übersetzt, und dies so nachhaltig, dass ich heute selbst kaum mehr an mein Verhältnis zu Ofer denken kann, ohne meine Absichten nachträglich in Zweifel zu ziehen. Ihnen dies zu verzeihen, fällt mir schwer. Und schließlich haben Sie mein Vertrauen und meine Wertschätzung ausgenutzt, um Ihre Ziele zu erreichen. (Nebenbei gefragt: Sind Sie schon befördert worden oder haben eine Auszeichnung für Ihren »Erfolg« erhalten?)

Und es gibt noch eine letzte Sache, die ich eher mir selbst als Ihnen schreibe, und dies betrifft das Schreiben an sich. Was ich zu schreiben begonnen habe, werde ich nicht fortführen, seien Sie unbesorgt, obgleich ich erst heute begreife, welche Kraft den von mir verfassten Briefen innewohnte. Denn im Grunde genommen, ohne dass ich auch nur das Geringste gewusst habe (Sie glauben mir endlich?), findet sich in diesen Briefen die Wahrheit in literarischem und in faktischem Sinn in Worte gefasst, lange bevor sie Ihnen allen ersichtlich war. Vielleicht ist das gemeint, wenn man von Inspiration spricht. Ich empfinde eine gewisse Befriedigung (und auch ein Schaudern), wenn ich daran denke, wie Ofers Eltern seine Briefe gelesen haben, mit all den Anschuldigungen, die er endlich den Mut gefunden hatte, gegen sie zu erheben, während sie vor aller Welt ihre Schuld verbargen. Vor allem aber ermutigt mich dies, mit dem Schreiben nicht aufzuhören, trotz aller Einschüchterungsversuche (auch durch andere, nicht nur durch Sie). Ich weiß noch nicht, was ich schreiben werde, aber ich weiß, dass ich es tun werde, und dies in nicht allzu ferner Zukunft. Vielleicht wird es ein Buch über einen Polizeiermittler? Mein Sohn Ilay kommt jetzt in ein Alter, in dem er gerne Geschichten hört, die ich für ihn schreibe, auch wenn er noch nicht alles versteht. Vielleicht sollte ich beginnen, Kinderbücher zu schreiben.

Bleiben wir einander wohlgesinnt?

Seev Avni

P.S.: Sollten Sie zufällig nach mir suchen – in einigen Wochen werden Sie mich wohl nicht mehr unter dieser Anschrift finden. Wir haben vor wegzuziehen, obwohl niemand im Haus von meinem Beitrag weiß (und ich ausdrücklich möchte, dass es auch so bleibt). Dies ist nicht der Ort, an dem wir Ilay großziehen möchten, und ich wollte ohnehin schon länger fort von hier.

Sollte er den Brief in dem Ermittlungsordner abheften? Oder ihn wegwerfen? Sollte er ihn aufbewahren, falls sich herausstellen sollte, dass Seev Avni doch etwas mit der Sache zu tun gehabt hatte? In all den Jahren bei der Polizei war Avraham noch nie einem Menschen wie Avni begegnet, der alles daransetzte, ins Visier einer polizeilichen Ermittlung zu geraten. Offenbar hatte Avni das zwanghafte Bedürfnis, etwas zu gestehen, aber Avraham war es nicht gelungen herauszufinden, was. Vielleicht wusste auch Avni selbst es nicht.

Marianka traf eine Woche später ein, am Dienstagnachmittag um vier.

Sie trug Jeans, eine geblümte, kurzärmlige rosafarbene Bluse und Turnschuhe. Ihre braunen Haare waren kurzgeschnitten. Sie küssten einander auf die Wange, zweimal, dann nahm er ihr den Metallkoffer ab und zog ihn hinter sich her zum Parkdeck. Unwillkürlich musste er an den Koffer denken, in den Ofer verfrachtet worden war, und fürchtete, Marianka hätte den Schatten gesehen, der sich auf sein Gesicht gelegt hatte.

Am Wochenende vor ihrem Besuch hatte er seine Wohnung hergerichtet. Seit Monaten war keine Frau mehr zu Besuch gewesen war, und seit beinahe zwei Jahren hatte keine mehr bei ihm übernachtet. Am Donnerstag, seinem letzten Arbeitstag vor dem Urlaub, hatte er früh Feierabend gemacht und war ins südlich gelegene Industriegebiet von Cholon gefahren, um ein Schlafsofa zu kaufen. Danach hatte er das kleine Zimmer, das ihm als Arbeitszimmer und Abstellkammer diente, leergeräumt. Die Kisten mit alten Unterlagen, teils privat, teils Material zu vergangenen Fällen, hatte er im Wandschrank im Flur verstaut. Die beiden verstaubten Ventilatoren und die alte Stereoanlage entsorgte er im Müll. Der kleine Arbeitstisch mit dem Computer kam ins Wohnzimmer. Es war bereits Abend, als er zum trüben Schein einer schmutzigen, nackten Glühbirne, die von der Decke hing, die Fenster putzte.

Am nächsten Morgen schrubbte er die übrigen Zimmer der Wohnung, insbesondere die Küche, und fuhr danach nach Tel Aviv, um Obst, Gemüse, Gewürze und Knabbereien auf dem Carmel-Markt zu kaufen und neue Laken für das Schlafsofa, das zu Beginn der neuen Woche eintraf. Er wusste nicht, ob sie bei ihm essen würden oder im Restaurant. Wusste nicht einmal, ob Marianka die ganze Woche über, die sie in Israel sein würde, mit ihm gemeinsam etwas unternehmen wollte. Sicherheitshalber verbrachte er am Sabbat mehrere Stunden im Internet, um die besten Restaurants in Tel Aviv ausfindig zu machen. Er beschloss, sollte Marianka wirklich in seiner Wohnung zu Mittag oder zu Abend essen wollen, ihr zu sagen, dass er für gewöhnlich auswärts aß, und ihr vorschlagen, die Einkäufe im Supermarkt gemeinsam zu erledigen. Und er wusste nicht, ob er Pläne für die Abende machen sollte.

Marianka gefiel die Wohnung. Behutsam schritt sie durch sein Wohnzimmer, als besichtigte sie die Wohnung eines vollkommen fremden Menschen, betrachtete das Bild an der Wand, das gerahmte Schwarzweißfoto von einem Vater, der auf einer Dorfstraße seinen kleinen Sohn auf dem Fahrradlenker spazieren fährt, las die Titel der CDs, die auf dem hohen Metallständer sortiert waren, und blieb dann vor dem Bücherregal stehen. »Sind das die Kriminalromane, von denen du mir erzählt hast?«, fragte sie. Fast alle waren auf Hebräisch.

»Ja, auch. Ich zeige dir das Gästezimmer«, erwiderte er und führte sie in das kleine Zimmer, das ohne die Kartons und den Computertisch, dafür aber mit dem neuen Schlafsofa, den blauen Kissen und dem kleinen Lampenschirm, den er am Morgen noch schnell gekauft hatte, fast geräumig und hell wirkte.

Er schlug vor, nach Tel Aviv oder nach Jaffa zu fahren, dort zu Abend zu essen und Pläne für ihren Besuch zu schmieden. Marianka war müde vom vielen Sitzen und der Reise und wollte sich bewegen. Sie fragte, ob es möglich sei, zu Fuß nach Tel Aviv zu gehen, und er lachte.

»Dann lass uns hier spazieren gehen. Ich möchte laufen«, schlug sie vor.

»Aber hier gibt es nichts zu sehen, und man kann auch nirgendwo essen.«

»Du lebst doch hier, oder?«, fragte sie. »Also gibt es bestimmt etwas zu sehen. Ich befinde mich in einer Stadt, in der ich noch nie war, meinst du, das könnte langweilig sein? Ach ja, wie, hast du gesagt, heißt sie noch gleich?«

Sie spazierten durch die Straßen von

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Drei
Drei – Dror Mishani
April 18, 2020
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