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Vermisst - Avi Avraham ermittelt - Teil 26

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fehlte jeder Funken von Anmut. Ein typisches Gebäude für eine Stadt, deren Einwohner sich vom Leben nichts anderes erhofften als das bloße Überleben. Michael Rosen hatte sie als einfache Menschen beschrieben, die ein einfaches Leben führten, vielleicht, weil er selbst noch nie dort gewohnt hatte.

Vor Jahren hatte Seev einmal erwogen, zum Revier in der Dizengoff in Tel Aviv zu gehen und den Diebstahl seines Fahrrads aus einem Schuppen im Hof anzuzeigen, war dann aber zu der Einsicht gelangt, dass die Polizei ohnehin nichts unternehmen würde. Diesmal war er vorgeladen. Er drückte die Glastür auf. Links, hinter einem Tresen, stand eine Polizeibeamtin in Uniform. Sie kaute an einer Reiswaffel. Alles machte einen noch armseligeren Eindruck als die Außenstelle des Einwohnermeldeamtes.

Angst verspürte er nicht, war aber angespannt. Wäre er am Morgen des Vortags aufs Revier bestellt worden, hätte er das wohl kaum durchgestanden. Aber die vergangenen Stunden hatten ihn gestärkt. Am Abend, nach dem Workshop und dem Gespräch mit Michael, war er schon frei von Angst gewesen. Fühlte sich befreit genug, um zu schreiben. Er trat an den Tresen und erklärte der Polizistin: »Ich bin um fünf Uhr zu einem Treffen mit Inspektor Avi Avraham bestellt. Wissen Sie, wo er sitzt?«

»Weiß er, dass Sie kommen?«, fragte sie zurück. Als wäre diese Tatsache aus seinen Worten nicht klar ersichtlich.

In einer Hinsicht waren die Polizisten im Vorteil. Er wusste nicht, über welche Informationen genau sie verfügten. Allerdings war er so gut wie sicher, dass sie nicht wussten, wer der anonyme Anrufer gewesen war, trotz seines Versprechers in den Dünen. Anderenfalls hätten sie umgehend bei ihm vor der Tür gestanden. Von dem Brief wussten sie nichts, das stand fest. Als er sich auf den Weg zum Revier gemacht hatte, hatte der Brief noch im Kasten der Familie Sharabi gesteckt, obwohl mehr als ein halber Tag vergangen war und Ofers Vater mindestens zweimal am Briefkasten vorbeigegangen war: in der Nacht, als er ihn vom Balkonfenster aus gesehen hatte, und am Morgen, als sie einander zufällig im Treppenhaus begegnet waren. Ihr Zusammentreffen hatte etwas Tragikomisches gehabt. Sie waren zusammen die Treppe heruntergekommen und hatten über die Suche nach Ofer gesprochen, und weil ihre Unterhaltung andauerte, bis sie das Gebäude verlassen hatten, hatte Ofers Vater den Umschlag nicht bemerken können. Als Seev aus der Schule zurückgekommen war, hatte der Umschlag noch immer im Kasten gesteckt. Ich könnte ihn einfach wieder herausziehen, war ihm durch den Kopf gegangen.

Inspektor Avraham erwartete ihn in einem winzigen, kaum beleuchteten Zimmerchen. Für mehr als einen Schreibtisch und einen Stuhl auf jeder Seite war buchstäblich kein Platz darin. Avraham trug Uniform und stand nicht auf, um ihm die Hand zu reichen.

Also setzte Seev sich und fragte: »Ist das ein Raum, in dem Verhöre durchgeführt werden?«

»Das ist ein Büro«, erwiderte Avraham.

Seevs Vorteil war, dass er in den letzten Tagen ununterbrochen an die Polizisten gedacht hatte. Seit Donnerstag beobachtete er sie bei ihrer Arbeit, vom Balkon aus, in seinem Wohnzimmer und in den Dünen, wo die Suchaktion stattgefunden hatte. Auf das Treffen mit Avraham hatte er sich vorbereitet, seit der versprochen hatte, noch einmal zu ihnen in die Wohnung zu kommen. Er hatte weit mehr über Inspektor Avraham nachgedacht als dieser über ihn, da war er sich sicher. Auf dessen Bitte hin reichte er dem Polizisten seinen Personalausweis und erinnerte ihn daran, dass die Adresse nicht mehr stimmte. »Die richtige Adresse wissen Sie ja«, meinte er und lächelte, war aber unsicher, ob Avraham die Bemerkung verstanden hatte.

Es war das vierte Mal, dass sie zusammentrafen.

Das erste Mal waren sie sich am Donnerstag begegnet. In der Wohnung. Avraham hatte es vorgezogen, ihn zu ignorieren, und sich mit Michal in der Küche unterhalten. Auf ihn hatte man eine kleine Polizistin aus der zweiten Reihe losgelassen. Wenige Worte waren an der Tür gewechselt worden. Am Freitag hatten sie im Treppenhaus beide keine Notiz voneinander genommen. Und schließlich waren sie sich am Sabbat über den Weg gelaufen, während der Suchaktion, die Avraham leitete. Bei allen vorangegangenen Begegnungen hatte Seev versucht, Avrahams Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, aber ohne Erfolg. Diesmal würde es anders sein. Obschon die ersten Fragen, die er gestellt bekam, formal und trocken waren und Avraham wie erloschen auf ihn wirkte. Seev wurde gefragt, wie lange er und seine Frau schon in dem Haus wohnten, nicht aber, wo sie vorher gewohnt hatten. Er wurde gefragt, in welchem Bereich und wo er arbeitete, doch Avraham unterbrach ihn mitten in der Antwort.

»Welcher Art ist Ihre Bekanntschaft mit dem Vermissten?«

Seev antwortete: »Ich war sein Nachhilfelehrer. Deshalb bin ich doch hier, oder etwa nicht?«

»Sie sind hier, weil Sie darum gebeten haben«, erwiderte Avraham. »Sie sagten, Sie hätten zweckdienliche Informationen in Bezug auf die Ermittlung. Ich bin ganz Ohr.«

Eine SMS von Michal, die er in der Pause zwischen der zweiten und der dritten Stunde gelesen hatte, hatte ihn für einen Moment erschreckt. Sie schrieb, Inspektor Avraham von der Polizei habe nach ihm gesucht und wolle ein Treffen vereinbaren. Seine Telefonnummer hatte sie gleich mitgeschickt. Er hatte ihn in der nächsten Pause angerufen, aber Avraham war nicht zu erreichen gewesen. Als er mittags mit ihm telefoniert hatte, außerhalb des Schulhofes, hatte Avraham ihn, wie er es formulierte, zur Fortsetzung der Befragung aufs Revier bestellt. Und jetzt hatte er ihm gerade ausdrücklich gesagt, er sei nur hergebeten worden, weil er selbst dies gewünscht hätte. Offenbar konnte er also völlig beruhigt sein, was seinen Versprecher in den Dünen betraf. Es sei denn, das Ganze war ein Vernehmungstrick.

»Nicht unbedingt Informationen«, sagte Seev. »Ich wollte Ihnen von Ofer erzählen. Ihnen ein Bild von ihm vermitteln. Ich hoffe, das wird Ihnen bei den Ermittlungen helfen. Ich bin sicher, Sie haben schon mit seinen Lehrern in der Schule gesprochen, aber ich hatte die Möglichkeit, Ofers Leben aus einem ganz besonderen Blickwinkel zu betrachten. Ich habe ihm Einzelunterricht erteilt, in seinem Zimmer, und ich kenne auch seine Eltern und sein Umfeld. Das scheint mir doch ein großer Vorteil zu sein.«

Avraham wollte wissen, wie der Kontakt zu Ofer zustande gekommen war, und Seev schilderte die Umstände. Meinte, dass seine Worte Interesse bei seinem Gegenüber weckten. In dieser Phase des Gesprächs konnte er die Mimik des Polizisten, der von Zeit zu Zeit verstohlen auf die billige Digitaluhr an seinem rechten Handgelenk schaute, noch nicht richtig deuten. Seev wollte ihn fragen, warum seine Eltern ihn Avraham genannt hatten. Sie wussten doch, dass er damit einen Doppelnamen haben würde, der immer ein Grinsen auslösen würde. Vor allem bei Kindern. Wenn er gekonnt hätte, hätte Seev ihn auch gefragt, wie Avraham Polizeibeamter geworden war und was er studiert hatte. War der Polizeiberuf schon immer sein Ziel gewesen?

Ofers Eltern hatten erfahren, dass Seev Englischlehrer an einem Gymnasium in Tel Aviv war. Offenbar von Michal. Eines Abends hatte Ofers Mutter bei ihnen angeklopft und gefragt, ob Seev vielleicht bereit wäre, dem Jungen Privatstunden zu geben. Das sei ein paar Wochen nach Beginn des neuen Schuljahres gewesen, höchstwahrscheinlich noch im September. Ofers Klasse war in mehrere Leistungsgruppen eingeteilt worden, nach Anzahl der Prüfungsfächer fürs Abitur, und Ofer wurde einer niedrigeren Gruppe mit drei oder vier Fächern zugeteilt. Seine Eltern wollten aber, dass er fünf belegte. Seev erklärte, er habe den Eindruck gehabt, dass vor allem Ofers Mutter Wert darauf legte. Hannah. Er habe nicht gleich zugesagt, weil er zuvor noch nie Privatunterricht erteilt hätte. Letztlich aber habe er sich bereiterklärt, zum einen, weil sie Nachbarn waren, vor allem aber, weil ihm Ofer durch seine Schüchternheit aufgefallen war. Er habe vorgeschlagen, einen Versuch zu unternehmen.

Avraham fragte knapp: »Nachhilfestunden gegen Bezahlung?«

»Natürlich. Obwohl ich genau weiß, dass ich es nicht wegen des Geldes getan habe. Ich habe neunzig Schekel die Stunde verlangt, deutlich weniger als der übliche Stundensatz. Sagen wir so, ich habe kein Vermögen gemacht mit diesen Stunden. Es ging mir um Ofer.«

Avraham schwieg.

Seev lächelte und fügte hinzu: »Ist alles dem Finanzamt gemeldet.«

»Wie oft haben Sie ihm Unterricht erteilt?«

»Einmal die Woche. Vor Klausuren zweimal. Zunächst haben wir an der Grammatik gearbeitet. Darauf wird an seiner Schule herumgeritten, was selbstverständlich ein Fehler ist. Auf diese Weise erlernen Kinder keine Fremdsprache, und ich unterrichte meine Schüler am Städtischen Gymnasium 1 anders. Aber Ofer hat eine schnelle Auffassungsgabe. Er hat methodisch und systematisch gelernt und gute Fortschritte gemacht, weshalb wir bald zu anderen Dingen übergehen konnten: Wortschatz, Konversation, Lesen und Schreiben. Zumindest in meinen Augen sind das die Dinge, auf die es ankommt, und da hat er sich schwerer getan. Möchten Sie, dass ich Ihnen zu erklären versuche, was mir an Ofer aufgefallen ist?«

Avraham antwortete: »Können Sie, aber zuvor noch eine Frage: Ich meine, Sie hätten der Beamtin, die mit Ihnen gesprochen hat, gesagt, der Unterricht habe bei ihm zu Hause stattgefunden, in seinem Zimmer, ist das richtig?«

Die Frage rief ungläubiges Erstaunen bei Seev hervor. »Ja. Ihnen habe ich das doch auch gesagt, vor einer Minute ungefähr.«

Avraham blickte auf die vor ihm verstreut liegenden Notizen. »Richtig, richtig, haben Sie. Sie können fortfahren.«

Das war der Augenblick, auf den er gewartet hatte. Die Ouvertüre zu dem, was er zu sagen beabsichtigte. Die ersten Sätze waren vorformuliert und geschliffen. Sie waren in seinem Kopf bereits am Freitag entstanden, als er dachte, das Gespräch mit Avraham würde am Sabbat stattfinden, während der Suchaktion, die sie wegen ihm durchführten, ja beinahe für ihn.

»Ich unterrichte seit fünf Jahren am Städtischen Gymnasium 1«, begann er. »Schüler in Ofers Alter. Elfte, zwölfte Klasse. Ich weiß nicht, ob Sie diese Schule kennen, ein Gymnasium, das viele Kinder aus gutem

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April 18, 2020
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