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Vermisst - Avi Avraham ermittelt - Teil 23

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hat? Ich meine nur, die Chancen, dass er von zu Hause weggelaufen ist, schwinden. Oder kannst du dir vorstellen, dass er, zwei Tage bevor er zum ersten Mal in seinem Leben mit einem Mädchen ausgehen wird, beschließt abzuhauen? Aber wer weiß, vielleicht hat er dem Mädchen auch irgendetwas erzählt. Vielleicht hat er sogar nach Mittwoch noch Kontakt zu ihr gehabt. Gut möglich, dass sie der Mensch ist, den wir gesucht haben. Der Mensch, mit dem Ofer in Verbindung steht und von dem wir noch nichts wussten.«

»Und sie hat niemandem etwas davon erzählt?«

»Hör zu, Avi, ich weiß es noch nicht. Ich bin auf dem Weg zu ihr und werde dich auf den neuesten Stand bringen, sobald ich mit ihr gesprochen habe.«

Fünf Tage – und er hatte nichts gewusst, weder von dem Mädchen, mit dem Ofer ausgehen wollte, noch von der Schwester. Kein Zweifel, dass die Entscheidung, Maalul mit ins Team zu holen, richtig gewesen war. Avraham verspürte große Lust, in sein Büro zurückzukehren und aus dem Vater alles über Ofer und dessen Leben herauszuholen, was der wusste, auch wenn das eine Weile dauern und ihr Gespräch erst spät in der Nacht beendet sein würde.

Rafael Sharabi überraschte ihn. Sein Körperbau, die Stimmlage. Und auch was er sagte. Vielleicht weil Avraham wusste, dass Ofers Vater Seemann und Mitglied im Betriebsrat von ZIM war, hatte er einen massigen, ungeschlachten und lautstarken Mann erwartet. Hatte befürchtet, der Vater könnte ausfallend werden, könnte den hinausgeschobenen Beginn der Ermittlungen erwähnen und würde ihm drohen. Wenn er Ilanas Andeutungen richtig verstanden hatte, konnte Druck von Rafael Sharabi dazu führen, dass der Fall an eine Sonderermittlungseinheit unter Leitung eines ranghöheren Beamten oder sogar an die Zentrale Ermittlung übergeben wurde.

Als er die Bürotür hinter sich geschlossen hatte, sagte Avraham: »Entschuldigung. Ein Anruf von einem unserer Außenermittler.«

»Irgendetwas Neues?«, fragte der Vater.

Avraham Avraham schüttelte den Kopf. »Bislang noch nicht. Wir werden sehen.«

Der Körperbau und die Gesichtszüge des Vaters hatten etwas Weiches, beinahe Weibliches. Ein fülliger Typ, Mitte vierzig mit krausem, kurzgeschnittenem Haar, schwarz mit silberfarbenen Strähnen. Er war nur ein paar Zentimeter größer als Avraham Avraham. Sein Gesicht war rund und voll und von grauen Bartstoppeln bedeckt, als hielte er die siebentägige Trauerzeit ein. Avraham dachte an den Anblick, der sich ihm am ersten Tag der Ermittlungen in der Wohnung geboten hatte. Verwandte, Nachbarn, auf dem Tisch im Wohnzimmer Limonadeflaschen und Teller mit Knabbereien. Der Vater war unterdessen auf einem Schiff unterwegs nach Triest gewesen.

Rafael Sharabi unternahm keinen Versuch, ihm zu drohen oder die verspätete Aufnahme der Suche zu erwähnen. Geduldig und schweigend lauschte er Avrahams Bericht über den Gang der Ermittlungen. Am Ende bot er jede ihm mögliche Hilfe an. Seine Kollegen hätten sich bereiterklärt zu helfen, Verwandte ebenfalls. Hatte seine Frau ihm etwa nicht erzählt, dass Avraham sie am ersten Abend einfach vertröstet hatte? Vielleicht hatte sie befürchtet, er würde ihr Vorwürfe machen, weil sie nicht auf sofortige Suchmaßnahmen bestanden hatte? Aber Ofers Vater sah nicht wie jemand aus, von dem man etwas zu befürchten hatte.

Als sie sich begrüßt hatten, nahm der Vater Platz, und Avraham Avraham begann das Gespräch mit der Vermutung, es sei bestimmt schwer für ihn gewesen, weit weg auf hoher See zu sein, ohne eine Möglichkeit, umgehend nach Israel zurückzukehren.

»Ja. Aber was hätte ich tun können?«, erwiderte der Vater. »Ich bin unmittelbar zurückgeflogen, nachdem wir vor Anker gegangen sind.« Es klang, als würde er selbst irgendeines Vergehens beschuldigt.

Avraham Avraham dachte an das Meer. War es still oder stürmisch? Hielten sich die Seeleute während der gesamten Passage im Bauch des Schiffes auf, oder gingen sie, wenn sie eine Stunde frei hatten, an Deck, um frische Luft zu schnappen? War das Meer im Leben der Seeleute allgegenwärtig, oder war das Schiff nicht mehr als ein gewöhnlicher Arbeitsplatz, eine Art Büroturm, den man den ganzen Tag nicht verließ?

»Was bisher diese Ermittlung so schwierig für mich macht«, sagte er schließlich, »ist das Gefühl, dass ich nicht genug über Ofer weiß. Information, das ist die Hilfe, die ich benötige. Ihrer Frau fiel es schwer, über Ofers Leben zu erzählen, und ich kann sie verstehen. Aber ich muss mir ein vollständiges Bild machen können. Ohne das, zumal solange wir noch keine konkreten Befunde haben, denen wir nachgehen können, haben wir Schwierigkeiten, eine Ermittlungsrichtung festzulegen.«

Der Vater nickte. Und schwieg. Möglich, dass er noch weit weg auf hoher See war. Dass er Mühe hatte, sich von dem Gefühl freizumachen, nicht zu Hause gewesen zu sein, als man ihn dort brauchte.

»Wenn ich richtig verstanden habe, sind Sie öfter für längere Zeit verreist. Könnten Sie mir dazu Genaueres sagen? Wie lange sind Sie immer unterwegs und wie oft?«

»In der Regel mache ich kurze Passagen. Limassol, Türkei. Überfahrten von ein paar Tagen. Alle paar Monate auch mal längere Passagen, etwa nach Koper oder Triest. Nach jeder Fahrt bin ich für ein paar Tage zu Hause, manchmal sogar für zwei Wochen. Eher selten sind Arbeitstage im Hafen, von halb acht bis fünf, zur Wartung der Schiffe.«

Wo liegt dieses Koper?, dachte Avraham. Offenbar war es eine Hafenstadt am Mittelmeer oder vielleicht an irgendeinem anderen Meer.

Jedes Mal, wenn er im Verlauf einer Ermittlung ein Detail zu hören bekam, das ihm unbekannt war, hatte er das Gefühl, auf der richtigen Fährte zu sein. Und im Unterschied zu der Mutter machte der Vater den Eindruck, dass er etwas erzählen wollte. Dass er ihm eine Tür öffnen würde, auch wenn es im Augenblick nur die Tür zu einem Schiff war. Als er am Donnerstag und am Freitag im Beisein der Mutter Ofers Zimmer durchsucht hatte, hatte er hingegen das Gefühl gehabt, sie verweigere ihm den Zutritt zu ihrem Heim.

»Welche Funktion haben Sie?«

»Ich bin leitender Schiffsingenieur.«

»Ist das eine hohe Position?«

»Was heißt schon hoch? Eben eine Position, die man nach zwanzig Jahren im Job erreicht.«

»Und wie sind Sie zu diesem Beruf gekommen?«

Rafael Sharabi sah ihn erstaunt an, als läge die Antwort auf der Hand. »Ich war bei der Marine. Nach der Entlassung habe ich im Marineinstitut in Akko mehrere Ausbildungsgänge zum Schiffsmechaniker gemacht und mich danach beim Schifffahrtsunternehmen ZIM hochgedient.«

»Und das heißt, dass Sie das Kommando über das Schiff haben? Sie sind der Kapitän?« Avraham war sich nicht sicher, ob ein Schiff einen Kapitän haben musste.

»Nein, der Schiffsingenieur ist nur verantwortlich für die Maschinen eines Schiffes. Der Kapitän muss zudem noch nautische Patente erwerben. Er ist verantwortlich für das gesamte Schiff, einschließlich der gesamten Logistik des Frachtverkehrs, des Beladens und Löschens.«

»Auf was für Schiffen arbeiten Sie?«

»In der Regel auf mittelgroßen Frachtschiffen, da ich lange Fahrten nicht mehr mache. Kleine und mittelgroße Feeder.«

»Was ist das?«

»Ach so, Sie haben gefragt, als würden Sie sich auskennen«, entschuldigte sich der Vater. »Das ist eine Kategorie von Containerfrachtern. Nicht das Größte, was es gibt, Schiffe, die zwischen eintausend und dreitausend Standardcontainer tragen.«

Avraham Avraham machte sich Notizen auf einem Blatt Papier wie dem, das er am Mittwochabend benutzt hatte. Diesen Zettel mit der schrecklichen Zeichnung, die er ungewollt hingekritzelt hatte, hatte er am Vortag in seinem Büro und zu Hause in seiner Wohnung gesucht, aber nicht gefunden. Jetzt fragte er: »Ist das nicht ein schwieriger Job? Ich meine, wenn man Familie hat«, und hoffte, in seiner Stimme schwinge kein vorwurfsvoller Ton mit.

»So ist der Beruf nun mal«, erwiderte der Vater.

Ob es sich lohnte zu fragen, wie viel ein Schiffsingenieur verdiente, überlegte er. Fünftausend Schekel? Zehntausend? Dreißigtausend? Er hatte keine Ahnung. Und das war gut so. Er wollte über Dinge reden, von denen er nichts verstand. Seiner Erfahrung nach war das immer ein Schlüssel, der die erste Tür aufsperrte.

»Und wie denkt Ihre Frau darüber?«, fragte er.

Rafael Sharabi antwortete: »Sie hat es eben akzeptiert. Na, was blieb ihr übrig?«

In seiner rundlichen Sanftheit lag trotz allem etwas Hartes. Die Ungehaltenheit eines Menschen, der es nicht gewohnt war, dass man ihm Fragen stellte, auf die er antworten sollte. Die Ungeduld eines Mannes, der normalerweise in trockenem, professionellem Ton Befehle erteilte, auf seinen Schiffen und allem Anschein nach auch zu Hause.

»Und wie haben Sie sich kennengelernt?«

»Hannah war auch bei der Marine. In schwierigeren Zeiten, etwa nach der Geburt der Kinder, habe ich mich bemüht, mehr zu Hause zu sein. Außerdem habe ich bei diesem Job manchmal sogar zwei Wochen am Stück frei.«

War er überrascht, dass sich ihre Unterhaltung vor allem um seine Arbeit und seine Abwesenheiten von zu Hause drehte? Avraham Avraham hatte das Gespräch nicht in diese Richtung gelenkt. Ihm schien, dass der Vater darüber reden wollte.

»Wie alt waren Sie, als Sie geheiratet haben?«, fragte er.

»Wie alt? Ich war sechsundzwanzig und Hannah einundzwanzig.«

Vor seinem geistigen Auge sah er sie bei ihrer Hochzeit. Den Vater konnte er sich ohne weiteres in seinen Zwanzigern vorstellen. Schlanker, die Haltung etwas straffer, aber dennoch rundlich und weich, genau wie heute. Weniger selbstsicher vielleicht. Hannah Sharabi hingegen konnte er sich nicht in ihren Zwanzigern vorstellen. Das musste Anfang der Neunziger gewesen sein. Er fragte: »Aber Ofer wurde erst ein paar Jahre später geboren?«

»Ich war im Praktikum, als wir geheiratet haben«, erklärte der Vater. »Bin die langen Passagen gefahren und war manchmal mehr als einen Monat nicht zu Hause. Also haben wir uns mit dem ersten Kind Zeit gelassen. Nachdem ich das Patent hatte und bei der Linie anfing, beschlossen wir, ein Kind zu bekommen. Ofer ist im Tel-Hashomer-Krankenhaus zur Welt gekommen.«

»Und wie war das für Ofer?«

»Was war wie?«, der Vater sah ihn verdutzt an.

»Dass Sie über längere Zeiträume nicht zu Hause waren.«

Die Hände des Vaters waren groß und behaart. Er legte sie vor sich auf

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Drei
Drei – Dror Mishani
April 18, 2020
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