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Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter - Teil 21

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  3. Teil 21
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ist, oder in ein Krisengebiet zu ziehen, wo es nicht so viel zu essen gibt.

Bei unserem letzten Telefonat sagte er: «Ich könnte heulen, weil ich zu dick bin. Ich gehöre zu einer Gruppe, zu der ich nicht gehören will. Wenn ich auf einem Plakat Ronaldo in Unterwäsche sehe, nehme ich mir sofort vor abzunehmen. Das hält fünf Minuten. Aber in meinem Herzen trage ich bauchfrei, da bin ich für die Zucht gemacht und nicht für die Mast.»

Er schluckte, und ich spürte, dass er sich im Hinterkopf bereits Gedanken über das Abendessen machte.

Meine Frage nach einem Anti-Appetit-Drink, von dem ich neulich irgendwo gelesen hatte, wühlte ihn augenblicklich auf. «Das ist doch krank! Andere hungern, während wir uns zwanghaft den Appetit verderben. Wir überlegen jeden Tag, was wir heute mal nicht essen. Pervers ist das!» Nach kurzem Luftholen fuhr er fort: «Selbstverständlich würde ich das Zeug sofort nehmen, als Tee, als Creme, als Depotspritze, egal wie. Wobei ich eigentlich auch ohne Appetit esse. Ich bin meistens satt – aber ich kaue eben gern. Selbst in der Bahn, wo das Essen schlecht ist, freue ich mich, wenn ich in der Nähe des Speisewagens sitze. Die Anwesenheit von Essen beruhigt mich.»

Guido gehört, wie ich, nicht zu den Leuten, die sich wöchentlich ein Stück Zartbitterschokolade langsam auf der Zunge zergehen lassen oder mit fünfzig Gramm Spaghetti oder einer Kugel Eis kommod auskämen. Wenn er telefonisch ein üppiges Abendessen bestellt, tut er so, als ob noch jemand in der Wohnung wäre, und fragt in die Leere des Raumes: «Was wolltest du noch mal haben, Schatz? Ach ja, einen großen Topf Häagen-Dasz.»

Ich versprach Guido, ihn sofort zu kontaktieren, sollte ich den Erfinder des Appetitverderber-Drinks ausfindig machen.

Für seine Modenschau hatte ich natürlich versucht, mich extra chic zu machen. Ich befand mich jedoch gerade weder psychisch noch physisch in Topform und trug deswegen ein trägerloses Unterkleid der Marke «Spanx», einen hautfarbenen engen Schlauch, den ich am selben Tag im «Quartier 206» gekauft hatte.

In der «Welt» hatte ich zuvor in einem Artikel über die «Shapewear der Stars» gelesen, dass Tom Cruise während seiner Hochzeit einen Figurformer trug, um besser in seinen Armani-Anzug zu passen. Angeblich quetscht sich Jennifer Lopez ebenso in Stützunterwäsche wie Gwyneth Paltrow.

Im Londoner Kaufhaus «Marks & Spencer» sei es jedoch zu einem Störfall gekommen, weil eine Kundin nach der Anprobe die «Spanx»-Unterhose nicht mehr runterbekam und herausgeschnitten werden musste.

Ich hatte also vorsichtshalber auf eine schweißtreibende und riskante Anprobe verzichtet, mich langatmig mit einer Verkäuferin beraten und mich schließlich für das Model «Hide & Sleek» in Größe M für beachtliche 109,90 Euro entschieden.

Ich kam mir geradezu kugelsicher verpackt vor, als ich in meinem schwarzen, relativ engen Kleid, darunter der «Spanx»-Schlauch, in hohen Schuhen über den roten Teppich schritt, der mich an den Rand des Laufsteges führen sollte.

Aber irgendwas stimmte nicht. Nach den ersten drei Schritten begann sich der angeblich bombensicher sitzende Figurformer von meiner Figur zu verabschieden und schob sich langsam von oben und von unten zusammen – bis er sich schließlich als deutlich sichtbare Stoffwurst um meine Hüften herumgekrumpelt hatte. Ich sah aus, als trüge ich einen Rettungsring unterm Kleid.

Da half kein Ziehen und kein Zerren. Das renitente Teil verharrte stoisch köpermittig, und selbst verzweifelte Korrekturversuche auf der Toilette brachten nur einen kurzfristigen Erfolg.

Die Show war super. Ich dagegen saß desolat und völlig figurverformt zwischen Sabine Christiansen und Franziska Knuppe – die neben mir wirklich gut aussahen –, und Guido begrüßte mich anschließend mit den Worten: «Dir stehen ein paar Kilo mehr aber wirklich hervorragend.»

Das «Spanx»-Kleid benutze ich seither zum Polieren meiner Schuhe.

Und als ich da saß, die schönen Frauen auf dem Laufsteg bewunderte, die herrlichen Kleider, die Berliner Gesellschaft, merkte ich überdeutlich, dass es mir zum Kotzen ging.

Das war der Moment, als ich beschloss, mich zu verändern.

Ein Jahr später, nachdem ich in Berlin gelebt, gekündigt, meinen Körper in Form gebracht und meine Figur durch Schwangerschaft ruiniert habe, schreibe ich heute das Kapitel zur Krise von damals in meinem neuen Buch «Endlich!»:

Frauen um die vierzig, die sich in figurformende Wäsche zwängen, sind auch ansonsten zu allem fähig. Das wurde mir besonders klar beim «Putenessen nur für Puten», zu dem Selma geladen hatte.

Eines muss man ganz klar so sagen: Du kannst nicht vierzig und gleichzeitig zufrieden sein. Keine von uns wollte, dass ihr Leben bleibt, wie es ist. Die Einzige, die im Einklang mit sich und dem Istzustand ihres Daseins war, schien Selma zu sein.

«Du hast aber auch wirklich alles, was man sich wünschen kann», moserte Karin, die nach fünfzehn Jahren Ehe angefangen hatte, an ihrem Mann rumzunörgeln und ihm regelmäßig mit Trennung zu drohen, bis der entnervt auszog, um mit Melanie, achtundzwanzig, aus der Buchhaltung seiner Firma eine neue Existenz zu gründen. «Dein Mann geht einer regelmäßigen Arbeit nach, ist ein guter Vater und kommt nicht überraschend früher nach Hause. Dein Liebhaber hat sensible Hände, ist verheiratet und wird euer Geheimnis ebenso konsequent hüten wie du. Was will man mehr?»

«Jetzt übertreib mal nicht», sagte Selma. «Mir ist klar, dass solche Geschichten nicht lange gutgehen. Fliege ich auf, ist meine Ehe im Arsch. Fliege ich nicht auf, langweile ich mich in drei Jahren mit meinem Liebhaber genauso wie mit meinem Mann. Affären muss man genießen, weil sie kein gutes Ende nehmen.»

«Wenigstens hast du aufregenden Sex», sagte Elli müde. Sie hat vier Kinder und schlief an ihren rar gesäten freien Abenden regelmäßig um halb elf ein, egal wo. Selma und ich hatten sie schon aus Bars, Kinos und Bowlingcentern raustragen müssen.

Ich betrachtete den unzufriedenen Weiberhaufen. Eigentlich könnte sich jede endlich beim vollmundigen Roten zurücklehnen und sich freuen, dass sie es bis hierher ohne größere Blessuren geschafft hat: Kinder gekriegt, Karriere gemacht, Männer, Städte und Chefs verlassen, Liebeskummer überlebt, Eltern beerdigt, Langzeitbeziehungen geführt und endlich eingesehen, dass Diäten nichts bringen.

Aber mir persönlich sind keine Frauen bekannt, die sich behaglich zurücklehnen. Frauen sind stetig vor sich hin sprudelnde Nölquellen, immer unzufrieden, immer damit beschäftigt, irgendwas zu optimieren, meistens ihren Partner oder ihre Figur.

Eine Studie besagt, dass in Deutschland das Alter, in dem die Unzufriedenheit am größten ist, bei zweiundvierzig Jahren liegt.

Wir alle wissen ja, dass unzufriedene Männer völlig harmlos sind. Sie drehen den Fernseher lauter und gehen davon aus, dass sich alles von selbst erledigt. Die unzufriedene Frau hingegen ist eine Zeitbombe.

Solide Ehen werden mehrmals täglich angezweifelt, die letzten Eizellen mobilisiert, Salsa-Kurse gebucht und der Seitensprung immer mehr für einen Stützpfeiler der modernen, dauerhaften Ehe gehalten.

Denn jetzt ist die Zeit, in der noch einmal, ein letztes Mal, alles möglich ist. Oder möglich scheint.

Du siehst noch schnafte aus, es gibt in deinem Leben noch regelmäßige Eisprünge, und du kommst spielend mit Puls hundertzwanzig einmal durch den Stadtpark und wieder zurück, bist beruflich etabliert und hast keine Kinder, oder sie sind aus dem Gröbsten raus.

Jetzt könnte es beginnen, dein zweites Leben. Und dann kaufst du dir figurformende Latexwäsche und fragst dich, wer du bist und wer du eigentlich sein willst, wie du lebst und wie du eigentlich leben könntest.

Du zweifelst an dir und am Sinn des Lebens, fängst an, esoterische Bücher zu lesen, und fühlst dich wieder so orientierungslos wie mit vierzehn, bloß dass du Krähenfüße bekommst statt Pickel und Krampfadern statt Mitesser.

Du weißt, dass die Wünsche, die du jetzt nicht verwirklichst, in deinem Herzen vermodern und die Luft verpesten werden. Aber du weißt auch, dass die Fehler, die du jetzt machst, nicht wiedergutzumachen sind.

Und wieder kaufst du Push-ups, teurer zwar und besser geschnitten als die vor fünfundzwanzig Jahren, aber ihr Sinn ist derselbe. Bin ich schon eine sexy Frau?, willst du mit fünfzehn wissen. Heute fragst du dich: Bin ich es noch?

In den letzten zehn Jahren ruhten deine Brüste friedlich und unbehelligt in harmlosen Büstenhaltern. Mit dreißig stabilisieren sich Karrieren, Beziehungen und Egos. Das Altwerden ist genauso weit weg wie die Torheiten der Jugend. Die goldene Mitte. Eine angenehme Zeit für alle Beteiligten, auch für Brüste.

Aber jetzt sind dir die tapferen Kameraden plötzlich nicht mehr gut genug, werden hochgeschnürt und eingezwängt, obschon sie sich auf einen gemütlichen Lebensabend in Baumwoll-BHs mit breitem Bündchen eingestellt hatten.

Und dann fängst du an, dich für Botoxinjektionen und Lidstraffungen zu interessieren, für den zweiten Bildungsweg, für eine Hypnotherapie, für eine Samenspende oder eine Ausbildung zur Pilates-Trainerin.

«Ab wann ist man eigentlich alt?», fragte ich. «Selma treibt es jetzt noch auf glitschigen Latexlaken, aber in vier, fünf Jahren wird sie sich fragen, ob sie sich dabei nicht allzu leicht eine Zerrung oder gar einen Bruch zuziehen könnte. Und mit einem gebrochenen Oberschenkelhalsknochen beginnt immer der Anfang vom Ende.»

«Dasselbe gilt ja auch für Sex im Auto», sagte Selma. «Zum Glück fahre ich mittlerweile einen Kombi. Ich glaube, dass es meiner sexuellen Entfaltung gar nicht zuträglich war, dass ich in einer Ente entjungfert wurde. Du doch auch, Karin, oder?»

«Klar, die Ente von Sebastian Kaiser, dem Bauchnabeleinspeichler. Haben wir darin nicht alle zumindest Teile unserer Unschuld verloren?»

«Wisst ihr, woran ich merke, dass ich alt bin?», fragte Elli. «Gestern kamen mir im Park ein paar junge Typen entgegen, alle Anfang zwanzig. Und das Einzige, was ich dachte, war: Ob die wohl warm genug angezogen sind?»

«Bald werde ich einen Liebhaber haben, bei dem ich nicht genau weiß, ob er leidenschaftlich ist oder einen Asthmaanfall hat», sagte Selma. «Das Gute am Älterwerden ist nur, dass man sich nicht mehr wegen jedem Scheiß schuldig fühlt. Treueschwüre und Gewissensbisse sind was für junge Leute. Ich finde, wer sich in unserem Alter noch über Untreue aufregt, macht sich lächerlich.»

«Sex im Kombi, Latexlaken, jüngere

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