▶ JETZT! Kostenlos lesen Bestseller-Bücher online
  • HOME
  • BUCH
    • Populäres Buch
    • Bücherliste
    • Genre-Liste
  • BLOG
Suche Erweitert
Sign in Sign up
  • HOME
  • BUCH
    • Populäres Buch
    • Bücherliste
    • Genre-Liste
  • BLOG
  • Adult
  • Action
  • Bestseller
  • Romance
  • Fantasy
  • Thrillers
  • Science-fiction

Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter - Teil 18

  1. Home
  2. Unter dem Herzen: Ansichten einer neugeborenen Mutter
  3. Teil 18
Prev
Next

man kann.

Die Söhne meiner Freundin Marie sind seit geraumer Zeit aus dem Haus. Leider tauchte neulich beim Entrümpeln in ihrem Speicher ein zweiundzwanzig Jahre alter Heizstrahler auf, der laut Marie «noch top in Schuss» sei und hervorragend geeignet, mein zukünftiges Baby beim Wickeln zu wärmen.

Sie war so nett, mir das gefährlich aussehende Gerät persönlich vorbeizubringen, und hatte noch einen Baby-Skianzug von 1983 mit Schlümpfe-Motiven dazugelegt.

Von Annette bekam ich eine nahezu durchgekrabbelte Krabbeldecke, auf der sich so ziemlich alle waschmittelresistenten Flecken dieses Universums versammelt hatten, von Benita die hässlichste Babywippe, die ich jemals gesehen habe, und von Johanna besagtes Stillkissen, das den Geruch eines leicht schimmeligen Dachbodens auf ewig verinnerlicht hatte.

Das Blöde beim Kinderkriegen ist – ähnlich wie beim Autokauf, beim Plätzchenbacken, bei der Krankenversicherung und beim Liebeskummer –, dass es unendlich viele Experten gibt, die einen wohlmeinend mit Ratschlägen versorgen.

Dazu kommen dann noch die gut dreitausend Schwangerenbücher und unzählige Internetforen, in denen seitenlang mit missionarischem Eifer oder gar kaum verhohlener Aggressivität beispielsweise darüber diskutiert wird, ob Neugeborene auf Lammfellen schlafen sollen oder man einen wunden Babypopo dick oder dünn mit Zinksalbe einreiben solle.

Dammmassage, Gebärhocker, Wunschkaiserschnitt, Stammzellen, Erstausstattung, Pucken (Hä? Meinen die «spucken»? Muss ich noch recherchieren), Streptokokken, Sushikonsum, Harndrang, Haare färben: Zu all diesen Themen gibt es mindestens zwei sehr glaubhaft klingende, sich aber komplett widersprechende Meinungen.

Das ist irritierend, wenn man keine eigene Erfahrung hat. Es ist schon schlimm genug, bei technischen Geräten keine Ahnung zu haben – mein iPhone zum Beispiel akzeptiert nach dem letzten Update nur noch Sprachnachrichten willkürlich ausgewählter Menschen, zu denen weder mein Mann noch mein Steuerberater zählen.

Sobald man in Sachen eigenes Baby ordentlich verwirrt ist, kommt garantiert einer daher, der sagt: «Vertrau doch einfach auf deinen Instinkt.»

Ich habe jetzt beschlossen, in erster Linie meiner Hebamme zu vertrauen. Die sagt: «Frauen, die allzu genau Bescheid wissen, machen es sich nicht unbedingt leichter.»

Und heute werde ich tatsächlich auch mal auf meinen Instinkt hören, obschon das eigentlich für mich bei einer so existenziellen Angelegenheit nicht in Frage kommt. Aber ich denke, auf dem Dachboden müsste sich noch Platz finden für einen antiken Heizstrahler und ein stinkendes Stillkissen.

3. März

Mona hat mir gerade eine wütende Mail aus ihrer Heimatstadt Bremen geschickt, wo sie gestern zum zwanzigjährigen Abi-Treffen eingeladen war.

Meine liebste Ildikó!

Sei bloß froh, dass Du schwanger bist!

Damit bist Du zumindest bei Deinem nächsten Klassentreffen fein raus, denn es gibt nichts Ärgerlicheres, als alle drei Minuten von Frauen (und nur von Frauen!) gefragt zu werden: „Und, wie viele Kinder hast du?“ Wohlgemerkt, die Frage lautet nicht: „Hast du Kinder?“, sondern gleich: „Wie viele?“ – Damit voraussetzend, dass zu dem Leben einer Frau, die vor zwanzig Jahren Abi gemacht hat, die zahlreiche Vermehrung selbstverständlich dazugehört. Und dann diese langen, betroffenen Gesichter, sobald ich antwortete: „Ich habe keine Kinder.“ Genauso gut hätte ich sagen können: „Ich leide an einer schweren Krankheit und werde den Jahreswechsel nicht mehr erleben.“

Es war zum Kotzen!

Ich musste mich sehr beherrschen, um mich nicht zu dümmlichen Rechtfertigungen hinreißen zu lassen wie: „Ich habe keine Kinder, aber einen Doktortitel und ein Jahreseinkommen jenseits der Neidgrenze. Ich habe meine Talente voll entfaltet und meine Entscheidung gegen Kinder nie bereut – schon gar nicht, wenn ich euch flachgeistigen Kühe sehe mit euren bedauernswerten Wunschkindern, die jetzt die volle Breitseite all der Ambitionen abbekommen, die ihr euch verkniffen habt.“ Als müsse ich mich rechtfertigen! Als sei mein Leben gescheitert, bloß weil ich mich beim Klassentreffen im Kreise der Tussen langweile, die sich gegenseitig die Fotos ihrer Kinder zeigen und erzählen, dass der Leander musisch unheimlich begabt sei, während die Manou erstaunliche logische Fähigkeiten vorweise. Ich fühlte mich verurteilt, belächelt, bemitleidet von diesem Club der gebärenden Frauen.

Warum ist keine friedliche Koexistenz möglich? Mütter, scheint mir, sind unheimlich radikal in ihrer Ablehnung von Frauen, die einen anderen Lebensweg gewählt haben. Warum?

Weil ich eine Provokation bin? Weil ich sie daran erinnere, wie ihr Leben auch hätte verlaufen können? Weil sie an mir sehen, worauf sie verzichtet haben? Na und? Ich sehe an ihnen doch auch, worauf ich verzichtet habe. Und nach ehrlicher Überprüfung komme ich dann immer wieder zu dem Schluss, dass ich den für mich richtigen Weg gewählt habe.

Und die bereuen ihre Kinder doch auch nicht. Woher kommt also die Ablehnung?

Nach einer halben Stunde, in der ich mich zügig betrank, antwortete ich auf die besagte Frage nur noch: „Vier. Aber ich habe sie alle zur Adoption freigegeben.“

Du weißt, dass es nicht immer einfach ist für mich, kinderlos zu sein. Du kennst meine Anfechtungen, meine Ängste, und du verstehst, warum ich letztlich nicht bereit bin, den hohen Preis zu zahlen, den Mütter zahlen müssen.

Und ich kenne Dich und bin ganz sicher, dass sich der hohe Preis für Dich lohnen wird. Du wirst eine wunderbare Mutter sein. Du bist viel zu egoistisch, um alle eigenen Bedürfnisse und Ambitionen bereitwillig über Bord zu werfen. Das meine ich als Kompliment und als Ermunterung. Du hast Dein Leben lang dafür gesorgt, dass es Dir gutgeht, und das wirst Du weiter tun. Und wir alle, die Dich kennen und lieben, werden davon profitieren.

Ich werde nicht mit ansehen müssen, wie sich diese fiesen Verzichts-Falten um Deinen Mund herum bilden und wie Dich Neid und unausgelebte Sehnsüchte missgünstig und kleinlich machen.

Du wolltest immer so entschieden das Beste vom Leben für Dich, dass das Leben sich nicht getraut hat, sich Dir zu verweigern. So soll es bleiben! Das wünsche ich Dir und mir und meinem kleinen Patensohn Schlominski unter Deinem Herzen.

Deine Freundin

Mona

4. März

Habe gerade versehentlich eine Folge «Traumschiff» geschaut. Bin da irgendwie so reingeraten, weil ich eine kleine Schreibpause brauchte. Auch «Endlich!» neigt sich nun dem Ende zu. Als Hape Kerkeling am Strand von Bahia einer in Gefangenschaft geratenen Wasserschildkröte die Freiheit schenkte, gab es für mich emotional gesehen kein Halten mehr. Bin bloß froh, dass ich allein zu Hause war.

Die Schwangerschaftshormone machen aus mir eine friedliebende, milde Heulsuse. Ich hoffe, das gibt sich wieder. Ich mag mich noch nicht mal mehr streiten. Das darf wirklich nicht zur Gewohnheit werden.

Mein Mann ist von der ungewohnten heimischen Harmonie begeistert und hofft, dass ich unser Kind übertrage, nur so ein, zwei Jahre. Und anschließend, das regte er neulich an, könne ich doch sehr schön als Leihmutter arbeiten.

8. März

Es ist wirklich nicht meine Schuld, dass ich zwei Geburtsvorbereitungskurse buchen musste. Ich bin mir absolut sicher, dass ich dem Kindsvater rechtzeitig den Termin für den Crashkurs am vergangenen Wochenende mitgeteilt hatte.

Allerdings bin ich mir auch ganz sicher, dass meine Bank letzte Woche mutwillig meinen PIN-Code verändert hat. Ich war jüngst ebenfalls überzeugt, dass mir mein Auto geklaut worden war. Mit Hilfe der eilig herbeigerufenen Polizei konnte aber schnell herausgefunden werden, dass ich bloß ganz woanders geparkt hatte, als ich gedacht hatte.

«Typische Schwangerschaftsdemenz», lautet Johannas Diagnose. Darauf würde auch hindeuten, dass ich kürzlich versucht habe, mit der Fernbedienung des DVD-Recorders ein Taxi zu rufen, und eine halbe Stunde lang mit der Mülltüte, die ich entsorgen wollte, in der Hand spazieren ging.

Und gestern Abend habe ich zwei Stunden lang einen Fond eingekocht, den man dann durch ein Sieb passieren und in einem geeigneten Gefäß auffangen sollte. Das Auffangen habe ich vergessen und den edlen Fond durchs Sieb auf Nimmerwiedersehen direkt in den Ausguss geschüttet.

«Das ist normal», sagt mein Arzt. «Ihr Körper hat jetzt anderes zu tun, als Ihr Gehirn zu versorgen.»

Und das stimmt ganz eindeutig, denn mein Körper hat sich gerade in den letzten zwei Wochen mal wieder besonders eifrig darauf konzentriert, Nahrungsreserven zu horten, Wasserreservoirs für eine mehrjährige Dürre anzulegen und auch, was den Umfang angeht, noch mal nachzulegen.

«Na, du hast aber wirklich einen ordentlichen Bauch!», rief selbst meine Hebamme, als sie zur letzten Untersuchung kam. Und das ist ein Satz, den man aus berufenem Munde besonders ungern hört.

Wie auch immer, den ersten Geburtsvorbereitungskurs besuchte ich also allein. Ich erntete mitleidige Blicke, wurde doch kollektiv vermutet, dass ich an einen altmodischen Rabenvater geraten war, der schon vorgeburtlich seinen Pflichten nicht nachkam und sich bestimmt auch weigern würde, die Nabelschnur zu durchtrennen, die Plazenta bei Vollmond im Garten zu vergraben oder in der Kita das Geländer zu streichen.

Ich empfand es bereits als Zumutung, dass wir uns alle auf den Boden setzen mussten. Unsereins kommt da ja so ohne weiteres nicht leicht wieder hoch, schon gar nicht als unbegleitete Trächtige.

Nach einer Vorstellungsrunde gab es erst mal eine Einführung in die weibliche Anatomie und in die Geheimnisse des Beckenbodens, den wir alle gemeinsam erspüren sollten.

«Zieht eure beiden Sitzbeinhöcker mit den Händen fest unterm Popo nach hinten», sagte die leitende Hebamme – und spätestens da war ich unheimlich froh, dass mein Mann nicht mitgekommen war.

Was ich in den ersten Stunden auch noch lernte: Das Positive am Schwangersein ist, dass man keine Langeweile mehr hat. Egal, wie lange du auf der Zulassungsstelle sitzt, um deinen schnittigen Zweisitzer ab- und einen behäbigen Fünftürer anzumelden, der aussieht wie eine Aubergine auf Rädern. Egal, wie lange du an der Kasse, auf dem U-Bahnhof oder an der Wursttheke stehst: Für uns werdende Mütter gibt es keine vertane Zeit mehr. Denn, so die Chefin des Geburtsvorbereitungskurses, «einen Beckenboden kann man überall trainieren».

Nach außen, so versicherte sie, bekäme niemand was davon mit, wenn man den Muskel anspannen und ihn wie einen Aufzug langsam im Körperinneren nach oben und dann Richtung Wirbelsäule ziehen würde.

Aber das stimmt nicht ganz. Ich habe mich nämlich schon manches Mal gefragt, warum viele Schwangere gerade in Warteschlangen so einen seltsam konzentriert-verkniffenen Gesichtsausdruck machen.

Und manchmal dünsten die dabei auch noch irgendwas Unappetitliches

Prev
Next

SIE KÖNNEN AUCH MÖGEN

De hufter op het witte paard
De hufter op het witte paard
May 12, 2020
Foute mannen en ander leed
Foute mannen en ander leed
April 22, 2020
Endlich!
Endlich!
April 22, 2020
Echte liefde roest
Echte liefde roest
April 22, 2020
  • HOME
  • Copyright
  • Privacy Policy
  • DMCA Notice
  • ABOUT US
  • Contact Us

© 2019 Das Urheberrecht liegt beim Autor der Bücher. All rights reserved