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Still, Die Bedeutung von Introvertierten in einer lauten Welt - Seite 1

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  2. Still, Die Bedeutung von Introvertierten in einer lauten Welt
  3. Seite 1
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Eine Gattung, in der jeder ein General Patton wäre, wäre ebenso wenig erfolgreich wie ein Volk, das nur aus van Goghs bestünde. Ich denke eher, dass die Erde Sportler, Philosophen, Sexsymbole, Maler und Wissenschaftler braucht; sie braucht die Warmherzigen, die Kaltherzigen und die Kleinherzigen. Sie braucht Menschen, die ihr Leben der Fragestellung widmen, wie viele Wassertröpfchen die Speicheldrüsen von Hunden unter bestimmten Umständen absondern, und sie braucht Menschen, die die flüchtige Impression von Kirschblüten in einem 17-silbigen Gedicht einfangen oder eine 25-seitige Analyse über die Gefühle eines kleinen Jungen verfassen können, der im Dunkeln im Bett liegt und darauf wartet, dass seine Mutter ihm einen Gutenachtkuss gibt … Wenn jemand außergewöhnliche Talente besitzt, setzt das voraus, dass die für andere Gebiete benötigte Energie von diesen abgezogen wurde.

Allen Shawn

Inhaltsverzeichnis

VORWORT

EINLEITUNG – Der Norden und der Süden des Temperaments

TEIL I – Das Ideal der Extraversion

KAPITEL 1 – Der Aufstieg des »wirklich netten Kerls«

KAPITEL 2 – Der Mythos der charismatischen Führung

Wie die Verkaufsmentalität zur Tugend wurde: In einem Tony-Robbins-Seminar

Der Mythos der charismatischen Führung: Von der Harvard Business School bis zu den Internetgurus

Liebt Gott Introvertierte? – Das Dilemma eines Evangelikalen

KAPITEL 3 – Eine Überdosis an kreativer Zusammenarbeit

TEIL II – Unsere Biologie, unser Selbst

KAPITEL 4 – Ist Temperament Schicksal?

KAPITEL 5 – Jenseits des Temperaments

KAPITEL 6 – Franklin und Eleanor

KAPITEL 7 – Warum die Wall Street zusammenbricht, während Warren Buffett immer reicher wird.

KAPITEL 8 – Die Macht der Sanftmut

TEIL III – Formen der Liebe und Arbeit für Introvertierte

KAPITEL 9 – Introvertiert in einer extravertierten Welt

KAPITEL 10 – Die Kommunikationslücke

KAPITEL 11 – Über Schuster und Generäle

SCHLUSS – Wunderland

ANHANG

Zur Widmung

Zur Terminologie

Anmerkungen und Quellenangaben

EINLEITUNG

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

Zur Terminologie

Danksagung

Register

Copyright

VORWORT

Ich habe an der Niederschrift dieses Buches seit 2005 gearbeitet und an seinem Inhalt, seitdem ich erwachsen bin. Ich habe mit Hunderten, wenn nicht Tausenden von Menschen über die im Buch behandelten Themen gesprochen oder korrespondiert und ebenso viele Bücher, wissenschaftliche Aufsätze, Zeitschriftenartikel, Diskussionen in Internetforen und Blogbeiträge gelesen. Einige dieser Menschen und Schriften werden im Buch explizit erwähnt, andere sind geistig an fast jedem Satz beteiligt, den ich geschrieben habe. Das Buch verdankt seine Einsichten all diesen Menschen, besonders den Wissenschaftlern und Forschern, die mich so viel gelehrt haben. In einer perfekten Welt hätte ich jeden und alle namentlich erwähnt. Doch aus Gründen der Lesbarkeit erscheinen einige Namen nur in den Anmerkungen und in der Danksagung.

Aus denselben Gründen habe ich in einigen Zitaten auf Auslassungspunkte oder eckige Klammern verzichtet, aber darauf geachtet, dass die Einfügungen oder Auslassungen nicht den Sinn der Aussagen verfälschen. Wenn Sie eine der schriftlichen Quellen im Original zitieren möchten, finden Sie die Anmerkungen mit den Stellenangaben im Anhang.

Bei einem Teil der Personen, deren Geschichte ich erzähle, habe ich die Namen und andere Erkennungsmerkmale geändert. Das gilt vor allem für die Geschichten aus meiner eigenen Arbeit als Rechtsanwältin und Beraterin. Um die Privatsphäre der Teilnehmer in Charles di Cagnos Rhetorikseminar (Kapitel 5) zu wahren, die bei der Anmeldung für das Seminar nicht vorhatten, Gegenstand eines Buches zu werden, ist die Darstellung meiner ersten Seminarsitzung eine aus mehreren Abenden zusammengesetzte Schilderung. Dasselbe gilt für die Geschichte von Greg und Emily; sie basiert auf vielen Gesprächen mit ähnlichen Paaren. Unter Vorbehalt meines beschränkten Gedächtnisses werden alle anderen Geschichten so wiedergegeben, wie sie sich ereignet haben oder mir erzählt wurden. Ich habe die Geschichten, die meine Gesprächspartner von sich erzählt haben, nicht nachgeprüft, aber nur solche aufgenommen, die ich für wahr hielt.

EINLEITUNG

Der Norden und der Süden des Temperaments

Montgomery, Alabama, 1. Dezember 1955 am frühen Abend. Ein Linienbus hält an einer Haltestelle, und eine schlicht gekleidete Frau in den Vierzigern steigt ein. Ihre Haltung ist aufrecht, obwohl sie sich den ganzen Tag lang über ein Bügelbrett im schäbigen Schneideratelier im Souterrain des Fair-Kaufhauses in Montgomery gebeugt hat. Ihre Füße sind geschwollen, ihre Schultern schmerzen. Sie setzt sich in die erste Reihe des für Farbige vorgesehenen Teils und schaut still zu, wie sich der Bus mit Fahrgästen füllt – bis der Fahrer sie auffordert, ihren Platz für einen weißen Fahrgast zu räumen.

Die Frau sagt ein einziges Wort, das eine der wichtigsten Bürgerrechtsbewegungen des 20. Jahrhunderts ins Rollen bringt, ein Wort, das Amerika hilft, sein besseres Selbst zu entdecken. Das Wort lautet: »Nein.«

Der Fahrer droht ihr an, sie verhaften zu lassen.

»Das können Sie ruhig tun«, sagt Rosa Parks.

Ein Polizist erscheint. Er fragt Parks, warum sie nicht aufsteht.

»Warum werden wir immer von euch allen herumgeschubst?«, erwidert sie schlicht.

»Keine Ahnung«, sagt er. »Aber das Gesetz ist das Gesetz. Sie sind verhaftet.«

Am Nachmittag der Gerichtsverhandlung, in der Rosa Parks wegen zivilen Ungehorsams verurteilt wird, hält die »Montgomery Improvement Association« eine Kundgebung für Parks in der baptistischen Kirche im ärmsten Viertel der Stadt ab. 5000 Leute versammeln sich, um Parks einsamen Akt der Courage zu unterstützen. Sie drängen sich in der Kirche zusammen, bis in den Bänken kein Platz mehr ist. Die anderen warten geduldig draußen und verfolgen die Vorgänge über Lautsprecher. Der Reverend Martin Luther King Jr. wendet sich mit seinem mitreißenden Bariton an die Zuhörer: »Es kommt eine Zeit, in der die Menschen es satthaben, von den bleiernen Stiefeln der Unterdrückung niedergetrampelt zu werden«, sagt er. »Es kommt eine Zeit, in der die Menschen es satthaben, aus dem strahlenden Julilicht des Lebens in die schneidende Kälte eines Hochgebirgsnovembers verbannt zu werden.«

Er lobt Parks Tapferkeit und umarmt sie am Ende seiner Rede. Sie steht schweigend da, und ihre bloße Gegenwart reicht aus, um die Zuhörer zu elektrisieren. Die Assoziation ruft zu einem stadtweiten Busboykott auf, der 381 Tage anhält. Die Menschen gehen kilometerweit zu Fuß zur Arbeit. Sie teilen sich mit Fremden ein Auto. Sie ändern den Lauf der amerikanischen Geschichte. 1

Ich hatte mir Rosa Parks immer als kräftige Person mit einer dröhnenden Stimme und einem kämpferischen Temperament vorgestellt, als Frau, die einer Busladung von finster dreinblickenden Fahrgästen leicht standhalten konnte. Aber als sie 2005 im Alter von 92 Jahren starb, wurde sie in den zahllosen Nachrufen als sanft, freundlich und von kleiner Statur beschrieben. Es hieß, sie sei »schüchtern und scheu« gewesen, aber habe »einen Löwenmut« gehabt. Die Nachrufe steckten voller Formulierungen, wie »radikale Demut« und »stille Tapferkeit«. Was heißt es, still und tapfer zu sein, steckte als implizite Frage hinter diesen Schilderungen.

Parks selbst schien sich dieses Paradoxes bewusst gewesen zu sein, denn sie nannte ihre Autobiografie Quiet Strength (»Stille Stärke«) – ein Titel, der uns herausfordert, unsere Vorstellungen infrage zu stellen.2 Warum sollte ein Mensch nicht gleichzeitig still und stark sein? Und was sonst können die Stillen bewirken, das wir ihnen im Allgemeinen nicht zutrauen?

Unser Leben wird von unserer Persönlichkeit ebenso tief beeinflusst wie von unserer ethnischen Herkunft und Geschlechtszugehörigkeit. Der wichtigste Aspekt der Persönlichkeit – der »Norden und der Süden des Temperaments«,3 wie ein Wissenschaftler es nennt – hängt davon ab, wo wir unseren Platz auf dem Spektrum der Extra- und Introversion finden. Dieser Platz beeinflusst, welche Freunde und Partner wir wählen, wie wir miteinander reden, Konflikte lösen und Liebe ausdrücken. Er wirkt sich auf unsere Berufswahl und unsere Karriere aus. Er bestimmt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass wir Sport treiben, Ehebruch begehen4, ohne Schlaf auskommen, aus unseren Fehlern lernen, riskante Börsenspekulationen wagen, gute Führungsqualitäten besitzen und fragen: »Was, wenn …?«.a Er spiegelt sich in den Nervenbahnen und Neurotransmittern unseres Gehirns bis in die hintersten Winkel unseres Nervensystems wider. Heutzutage sind die Introversion und Extraversion zwei der am gründlichsten erforschten Gebiete der Persönlichkeitspsychologie, 5 zu denen Hunderte von Wissenschaftlern einen Beitrag geleistet haben.

Die Forscher haben mithilfe der neuesten Technologien aufregende Entdeckungen gemacht, doch diese reihen sich in eine lange und berühmte Tradition ein. Dichter und Philosophen haben über Introvertierte und Extravertierte seit den Anfängen der Zeitrechnung nachgedacht. Man findet beide Persönlichkeitstypen in der Bibel wie auch in den Schriften griechischer und römischer Ärzte,6 und einige Evolutionspsychologen sagen, die Geschichte dieser Persönlichkeitstypen reiche noch weiter zurück. Wie wir sehen werden, gibt es introvertierte und extravertierte Exemplare in allen Gattungen des Tierreichs, angefangen von den Fruchtfliegen über den Gemeinen Sonnenbarsch bis hin zu den Rhesusaffen.7 Wie es auch für andere Komplementärpaare gilt – männlich und weiblich, Ost und West, liberal und konservativ –, wäre die Menschheit ohne beide Persönlichkeitstypen nicht dieselbe und erheblich verarmt. Nehmen Sie das Gespann von Rosa Parks und Martin Luther King: Ein glänzender Redner, der es abgelehnt hätte, seinen Sitzplatz in einem Bus mit Rassentrennung aufzugeben, hätte nicht dieselbe Wirkung erzielt wie eine bescheidene Frau, die lieber im Hintergrund geblieben wäre, hätte die Situation sie nicht zum Handeln gezwungen. Rosa Parks hätte nicht das Zeug gehabt, die Massen zu aktivieren, wenn sie aufgestanden wäre, um zu verkünden, sie habe einen Traum gehabt. Aber durch Kings Hilfe brauchte sie es auch nicht zu tun.

Doch heutzutage geben wir nur einem bemerkenswert kleinen Spektrum von Persönlichkeitstypen Raum. Uns wird eingeredet, dass Menschen von Bedeutung eine forsche Art haben und dass Glück mit Kontaktfreudigkeit einhergeht. Wir Amerikaner betrachten uns als eine Nation von Extravertierten und haben damit aus den Augen verloren, wer wir wirklich sind. Je nachdem, welche Studie Sie zu Rate ziehen, sind ein Drittel bis die Hälfte aller Amerikaner introvertiert8 – das heißt, jeder Zweite oder Dritte in unserem Bekanntenkreis. (Da die USA nachgewiesenermaßen zu den extravertiertesten Ländern überhaupt gehören, ist der Anteil der Introvertierten weltweit mindestens ebenso hoch.)

Wenn diese Zahlen Sie überraschen, dann liegt es wahrscheinlich daran, dass sehr viele Menschen vorgeben, extravertiert zu sein. Verkappte Introvertierte tummeln sich unbemerkt auf Spielplätzen, in den Umkleideräumen von Turnvereinen und auf den Fluren großer Unternehmen. Manche machen sich sogar selbst etwas vor, bis sie von irgendeinem Ereignis im Leben – dem Verlust des Arbeitsplatzes, dem Auszug der Kinder, einer Erbschaft, die ihnen freie Verfügung über ihre Zeit schenkt – aufgerüttelt werden, eine Bestandsaufnahme ihres wahren Wesens zu machen. Sie müssen nur das Thema dieses Buches in Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis erwähnen, um festzustellen, dass Menschen, von denen Sie es nie gedacht hätten, sich auf einmal für introvertiert halten.

Es ist nachvollziehbar, dass viele Introvertierte sich vor sich selbst verstecken. Wir leben in einem Wertesystem, das vom »Ideal der Extraversion« geprägt ist, wie ich es nenne – dem allgegenwärtigen Glauben, der Idealmensch sei gesellig, ein Alphatier und fühle sich im Rampenlicht wohl. Der archetypische Extravertierte handelt lieber, als nachzudenken, ist eher risikofreudig als fürsorglich und zieht Gewissheit dem Zweifel vor. Er bevorzugt rasche Entscheidungen, selbst auf die Gefahr hin, sich zu irren. Er arbeitet gut im Team, ist gern unter Leuten und misst Erfolg an der Anzahl der Facebook-Freunde, LinkedIn-Kontakte und Twitter-Aufrufe. Wir möchten gern glauben, dass wir Individualität wertschätzen, aber vor allem bewundern wir einen Typus – denjenigen, dem es nichts ausmacht, »sich in den Vordergrund zu stellen«. Selbstverständlich gestehen wir technisch begabten Individualisten, die in Garagen Firmen gründen, eine Persönlichkeit nach ihrem Geschmack zu, aber sie bilden die Ausnahme, nicht die Regel, und unsere Toleranz in diesen Dingen ist hauptsächlich denen vorbehalten, die sagenhaft reich werden oder gute Chancen haben, es zu werden.

Die Introversion – zusammen mit ihren Attributen der Empfindsamkeit, Ernsthaftigkeit und Schüchternheit – gilt heute als Persönlichkeitsmerkmal zweiter Klasse, das irgendwo zwischen enttäuschenden und pathologischen Merkmalen angesiedelt ist. Introvertierte, die unter dem Ideal der Extraversion leben, sind wie Frauen in einer »Männerwelt«: Sie werden wegen eines Merkmals geringgeschätzt, das sie im Innersten definiert. Die Extraversion ist ein enorm attraktiver Persönlichkeitsstil, aber wir haben sie in eine repressive Norm verwandelt, der die meisten Menschen glauben, entsprechen zu müssen.

Das Ideal der Extraversion wurde in vielen Studien behandelt, obwohl diese Untersuchungen nie unter einem einheitlichen Begriff firmierten. Gesprächige Menschen werden beispielsweise als klüger, besser aussehend, interessanter und als wünschenswertere Freunde beurteilt. Die Sprechgeschwindigkeit zählt dabei ebenso wie die Lautstärke.9 Wir glauben, dass schnelle Sprecher kompetenter und sympathischer als langsame sind. Dieselbe Charakteristik trifft auf Gruppen zu; Untersuchungen zeigen, dass die Redegewandten für klüger gehalten werden als die Zurückhaltenden10 – obwohl zwischen Redegewandtheit und guten Ideen kein Zusammenhang besteht. Selbst der Begriff »introvertiert« ist stigmatisiert – eine informelle Untersuchung ergab, dass Introvertierte ihre eigene physische Erscheinung mit lebendigen Worten beschreiben (»grünblaue Augen«, »exotisch«, »hohe Wangenknochen«), aber wenn sie ganz allgemein Introvertierte beschreiben sollen, zeichnen sie ein unattraktives, ödes Bild (»unbeholfen«, »farblos«, »Hautprobleme«).11

Doch wir begehen einen großen Fehler, wenn wir das Ideal der Extraversion so unbesehen übernehmen. Einige unserer größten Ideen, Kunstwerke und Erfindungen – von der Evolutionstheorie, über van Goghs Sonnenblumen bis hin zum PC – stammen von stillen und feinsinnigen Menschen, die es verstanden, in sich hineinzuhören und die Schätze, die in ihrem Innern lagen, zu heben. Ohne Introvertierte wäre die Welt ärmer um

die Gravitationstheorie,

die Relativitätstheorie,

W. B. Yeats’ Gedicht Die Wiederkunft Christi,

Chopins Nocturnes,

Prousts Auf der Suche nach der verlorenen Zeit,

Peter Pan,

Orwells 1984 und Farm der Tiere,

Charlie Brown,

Schindlers Liste, E.T. und Unheimliche Begegnung der dritten Art,

Google und

Harry Potter,

also um: Sir Isaac Newton, Albert Einstein, W. B. Yeats, Frederic Chopin, Marcel Proust, J. M. Barrie, George Orwell, Charles Schulz, Steven Spielberg, Larry Page und J. K. Rowling.12

Wie die Wissenschaftsjournalistin Winifred Gallagher schreibt: »Das Großartige an einer Veranlagung, mit der man über Sinnesreize nachdenkt, statt sich überstürzt auf sie einzulassen, ist ihre häufige Verknüpfung mit intellektueller und künstlerischer Leistung. Weder E = mc2 noch Das verlorene Paradies wurden von einem Partylöwen ersonnen.«13 Selbst bei Tätigkeiten, die weniger introvertiert erscheinen, wie Finanzen, Politik und Bürgerbewegungen, verdanken wir einige der größten Fortschritte den Introvertierten. In diesem Buch werden wir sehen, dass Menschen wie Eleanor Roosevelt, Al Gore, Warren Buffett, Gandhi und Rosa Parks nicht trotz, sondern wegen ihrer Introvertiertheit das erreichten, was sie erreichten.

Doch wie noch zu zeigen sein wird, sind viele der wichtigsten Institutionen des modernen Lebens auf Menschen zugeschnitten, die Spaß an Gruppenprojekten und einem hohen Maß an Stimulation haben. In den Schulen werden die Tische zu Vierecken zusammengeschoben, um bei Kindern das Lernen in der Gruppe zu fördern, und wie Untersuchungen belegen, glaubt die große Mehrzahl der Lehrer, der Idealschüler sei extravertiert. In den heutigen Fernsehserien sind die jungen Stars nicht Kinder von nebenan, sondern Teenage-Rockstars und -Moderatoren von Internetshows mit einer künstlich überhöhten Persönlichkeit wie Hannah Montana, die Jonas Brothers und Carly Shay von »iCarly«.

Als Erwachsene arbeiten viele Menschen in Firmen, die sich Teamarbeit auf die Fahne geschrieben haben; sie haben einen Arbeitsplatz ohne Wände, und ihre Vorgesetzten schätzen vor allem soziale Kompetenzen. Um Karriere zu machen, wird von uns erwartet, dass wir uns selbst ungeniert anpreisen. Die Wissenschaftler, die Forschungsgelder an Land ziehen, haben meist ein selbstsicheres, vielleicht zu selbstsicheres Auftreten. Die Künstler, deren Werke die Wände der modernen Museen zieren, haben gewöhnlich beeindruckende Auftritte bei Vernissagen. Autoren – früher als öffentlichkeitsscheue Spezies akzeptiert – werden inzwischen von den Presseagenten ihrer Verlage gedrillt, wenn ihr Buch veröffentlicht wird, damit sie bei Talkshows eine gute Figur machen. (Sie würden dieses Buch nicht in der Hand halten, wenn ich meinen Verlag nicht davon überzeugt hätte, dass ich genug pseudoextravertierte Anteile in mir habe, um das Buch bekannt zu machen.)

Sind Sie introvertiert, wissen Sie auch, dass die Voreingenommenheit gegen alles Stille einen tiefen psychischen Schmerz hervorrufen kann. Als Kind haben Sie vielleicht zufällig mit angehört, wie Ihre Eltern sich für Ihre Schüchternheit entschuldigt haben. (»Weshalb kannst du nicht ein bisschen mehr wie die Kennedy-Jungs sein?«, bekam ein Mann, den ich interviewte, immer wieder von seinen in den Kennedy-Mythos vernarrten Eltern zu hören.) Oder vielleicht wurden Sie in der Schule aufgefordert, aus »Ihrem Schneckenhaus« zu kommen – eine boshafte Formulierung, die nicht gelten lässt, dass gewisse Menschen so wie auch bestimmte Tiere von Natur aus immer einen Schutz mit sich herumtragen.

»Sämtliche Bemerkungen in meiner Kindheit, denen zufolge ich faul, dumm, langsam und langweilig war, hallen noch immer in mir nach«, schreibt der Teilnehmer eines Internetforums, das sich Introvert Retreat nennt. »Als ich endlich alt genug war, um zu begreifen, dass ich einfach nur zu den Introvertierten gehöre, war die Annahme, etwas stimme grundsätzlich nicht mit mir, schon zu einem Teil von mir geworden. Ich wünschte, ich könnte die Reste dieses Selbstzweifels auffinden und beseitigen.«

Auch als Erwachsener haben Sie vielleicht noch immer Schuldgefühle, wenn Sie eine Einladung zum Abendessen zugunsten eines guten Buches ausschlagen. Oder Sie gehen vielleicht gern allein essen und könnten gut auf die mitleidigen Blicke der anderen Gäste im Restaurant verzichten. Oder man sagt Ihnen, Sie seien zu »kopflastig«, was stillen, intellektuellen Menschen immer wieder vorgeworfen wird.

Natürlich gibt es ein anderes Wort für diese Menschen: Denker.

Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig es für Introvertierte ist, sich über ihre eigenen Talente klarzuwerden – und wie sehr es sie stärkt, wenn sie es schließlich tun. Über zehn Jahre habe ich meinen Klienten jeder Art – Anwälten in Firmen und Studenten, Hedgefonds-Managern und Ehepaaren, Führungskräften im Medienbereich und Sozialarbeitern – die Kunst der Verhandlungsführung beigebracht. Natürlich haben wir die Grundlagen besprochen: wie man sich auf eine Verhandlung vorbereitet, wann man das erste

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