▶ JETZT! Kostenlos lesen Bestseller-Bücher online
  • HOME
  • BUCH
    • Populäres Buch
    • Bücherliste
    • Genre-Liste
  • BLOG
Suche Erweitert
Sign in Sign up
  • HOME
  • BUCH
    • Populäres Buch
    • Bücherliste
    • Genre-Liste
  • BLOG
  • Adult
  • Action
  • Bestseller
  • Romance
  • Fantasy
  • Thrillers
  • Science-fiction

Die Jakobsbücher - Teil 2

  1. Home
  2. Die Jakobsbücher
  3. Teil 2
Prev
Next

Salz und Leinwand bieten sie feil. Gewöhnlich kauft der Pater bei der Pastetenbäckerin, eben schenkt er ihr ein freundliches Lächeln. Hinter ihr sind zwei Stände mit grünen Zweigen geschmückt; ein Zeichen, dass es frisch gebrautes Bier gibt. Und hier ein reich bestückter Stand, den armenische Kaufleute führen – herrliche, luftige Stoffe, Messer in kunstvoll verzierten Scheiden –, gleich daneben gibt es Trockenfisch, dessen Geruch in die wollenen türkischen Wandteppiche zieht. Wieder ein paar Schritte weiter trägt ein Mann in einem staubbedeckten Kaftan an Schnüren einen Kasten über den mageren Schultern; Eier hat er anzubieten, jeweils ein Dutzend in Körben, die aus Gras geflochten sind. Ein anderer verkauft Eier im Schock, in großen Körben, zu einem wahren Spottpreis. Der Stand eines Bäckers ist ganz mit Beigeln behangen – ein Kringel ist jemandem in den Schlamm gefallen, jetzt frisst ihn gierig ein kleiner Hund.

Gehandelt wird hier mit allem, womit man handeln kann. Auch mit geblümten Stoffen, Tüchern und Schals, die direkt vom Basar in Stambul stammen, Kinderschuhe gibt es, Obst und Nüsse. Der Mann dort beim Zaun bietet eine Pflugschar an und Nägel in allen Formen, von Stecknadelgröße bis zum Zimmermannsnagel für Dachgebälk. Neben ihm hat eine stämmige Frau in gestärkter Haube Schnarren für Nachtwächter ausgebreitet: Der Klang der kleinen erinnert eher an Grillenzirpen, als dass er zur Schlafenszeit gemahnen würde, die großen wiederum bewirken genau das Gegenteil, sie würden einen Toten erwecken.

Wie oft wurde den Juden verboten, mit Waren zu handeln, die mit der Kirche zu tun haben! Nicht nur die Priester haben dagegen gewettert, die Rabbiner taten es ebenso. Geholfen hat es nichts. So gibt es auch jetzt wieder schöne Gebetbücher mit schmucken Bändchen als Lesezeichen und wunderschönen Buchstaben in Silberprägung auf dem Einband, die unter den Fingerspitzen wirken, als wären sie warm und lebendig. Ein adrett gekleideter Mann, der fast elegant anmutet in seiner Pelzmütze, hält die Bücher in den Händen, als wären es Reliquien. In cremefarbenes Seidenpapier sind sie eingeschlagen, damit der schmutzig-neblige Tag die unschuldig christlichen und noch nach Druckerschwärze duftenden Schriften nicht befleckt. Außerdem hat der brave Mann Wachskerzen anzubieten und Heiligenbilder, und die Heiligen haben einen Heiligenschein.

Der Pater geht zu einem der wandernden Buchhändler, in der Hoffnung, etwas Lateinisches zu finden. Doch bietet der Mann nur jüdische Schriften feil, und neben den Büchern liegen Gegenstände, deren Zweck der Geistliche nicht kennt.

Je tiefer der Blick in die Seitengassen dringt, desto schärfer springt die Armut ins Auge, wie eine ungewaschene Zehe im löchrigen Stiefel. Die schiere Armut, die sich zur Erde beugt. Keine Lädchen oder Kramstände mehr, sondern elende Verschläge, die Hundehütten gleichen, aus kümmerlichen Holzresten gezimmert, die von Abfallhaufen zusammengeklaubt wurden. In einer dieser Hütten sitzt ein Flickschuster und richtet Schuhe, die schon wer weiß wie oft genäht und besohlt worden sind. In einer anderen, die ganz mit eisernen Töpfen behangen ist, werkelt ein Kesselflicker. Er hat ein mageres, eingefallenes Gesicht, die Mütze sitzt ihm in der Stirn, die von braunen Flecken übersät ist. Der Pater hätte Angst, hier seine Töpfe flicken zu lassen, womöglich würden die Finger dieses Unglückseligen eine böse Krankheit übertragen. Daneben wetzt ein Alter Messer und allerlei Sensen und Sicheln. Seine Werkstatt besteht aus einem Stein in Form eines kleinen Rades, das er um den Hals trägt. Bringt jemand eine Klinge, die geschärft werden soll, klappt er ein einfaches Gestell auf, mithilfe einiger Lederriemen verwandelt sich das Ganze in eine primitive Maschine, und der Stein, von Hand in Schwung versetzt, schleift an der metallenen Schneide. Manchmal fliegen ein paar richtige Funken von dem Wetzstein in den Schlamm, worüber sich vor allem die Kinder freuen, allesamt ungewaschen und von Krätze befallen. Mit dieser Arbeit verdient der Alte ein paar armselige Groschen. Er könnte auch mit dem Stein um den Hals ins Wasser gehen – ein weiterer Vorzug dieses Metiers.

Zerlumpte Frauen sammeln auf den Gassen Sägespäne und Pferdeäpfel als Brennmaterial. An den Lumpen ist nicht zu erkennen, ob es jüdisches, orthodoxes oder katholisches Elend ist. Die Armut kennt weder Konfession noch Staatspapiere.

Si est, ubi est?, fragt sich der Geistliche im Gedanken an das Paradies. Wenn es denn existiert, so gewiss nicht in Rohatyn, und vermutlich auch nirgends sonst in Podolien. Und falls jemand glauben sollte, in den größeren Städten sei es besser, so ist er auf dem Holzweg. Zwar war der Dechant Chmielowski noch nie in Warschau oder Krakau, doch hat er dies und jenes erfahren aus den Erzählungen des Bernhardinerpaters Pikulski, der weiter herumgekommen ist als er; außerdem hört er so allerhand auf den Gütern der Adligen.

Das Paradies, den Garten der Lüste, hat der Schöpfer an einen herrlichen, doch unbekannten Ort verlegt. In Athanasius Kirchers Arca Noë heißt es, es liege im Lande der Armenier, hoch in den Bergen; Brunus hingegen behauptet, sub polo antarctico – am Südpol – sei das Paradies zu finden. Vier Flüsse verweisen angeblich auf seine Nähe: Gebon, Philon, Euphrat und Tigris. Wiederum andere Gelehrte, die dem Paradies auf Erden keinen Platz zuzuweisen wussten, erhoben es in die Lüfte, fünfzehn Ellen über den Gebirgen. Das allerdings will dem Dechanten ein wenig närrisch erscheinen. Wie sollte das sein? Würden dann die Menschen, die auf der Erde unter dem Paradies leben, selbiges von unten sehen? Die Fersen der Heiligen betrachten?

Andererseits wollte man aber auch gegen diejenigen opponieren, welche die irrige Annahme zu verbreiten suchen, was die Heilige Schrift vom Paradiese sage, besitze nur eine mystische Bedeutung und solle also allein im allegorischen Sinne verstanden werden. Nicht nur seines Amtes wegen, sondern aus tiefem Herzen hegt der Pater Chmielowski die Überzeugung, dass man die Heilige Schrift wörtlich begreifen müsse.

Vom Paradies weiß er fast alles, denn vor eben einer Woche hat er ein Kapitel seines Buches beendet, an dem er voller Ehrgeiz arbeitet – und dieses Kapitel ist aus allen Büchern kompiliert, die ihm in Firlejów zur Verfügung stehen: einhundertdreißig Titel. Manche hat er in Lemberg erworben, für manche ist er sogar bis nach Lublin gereist.

Hier ist auch schon das Eckhaus, ein bescheidenes Gebäude – dort möchte er hin. Eine Empfehlung von Pikulski. Die niedrige zweiflüglige Tür steht weit offen; ein würziger Geruch weht heraus, gänzlich unerwartet in diesem Dunst von Pferdedung und nassem Herbst, und eine andere, scharfe Note ist noch dabei, dem Geistlichen bereits bekannt: kaffa. Bisher ist Chmielowski diesem Gebräu abhold gewesen, doch wird er sich dem Trunk wohl einmal annähern müssen.

Der Pater blickt zurück, hält Ausschau nach Roschko, entdeckt ihn, wie er mit mürrisch prüfendem Blick Schafpelze hin und her wendet. Der ganze Markt ist versunken in seinem Treiben, niemand achtet auf den Geistlichen in dem wimmelnden Stimmengewirr.

Über dem Eingang des Hauses verkündet ein ungelenk gefertigtes Schild:

SCHOR WARENLAGER

Dann folgen hebräische Buchstaben. An der Tür hängt eine Art Plakette aus Metall, daneben sind Zeichen zu sehen, und der Dechant erinnert sich, was er bei Kircher gelesen hat: Wenn bei den Juden eine Frau niederkommt und die Angst vor Hexen umgeht, schreiben sie die folgenden Worte an die Wände: »Adam, Hawa. Hutz – Lilith.« Das bedeutet: Adam und Eva. Hinfort – Lilith! Ja, das muss es sein. Dann wurde also auch hier vor Kurzem ein Kind geboren.

Der Pater tritt über die hohe Schwelle und taucht in den warmen, würzigen Geruch ein. Es dauert eine Weile, bis seine Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt haben. Der Tag dringt hier nur durch ein kleines Fensterchen herein, das zudem mit Pflanztöpfen verstellt ist.

Hinter der Ladentheke steht ein Bengel, dem eben der erste Schnurrbartflaum sprießt. Er hat einen üppigen Mund, der leicht zu beben beginnt, als er den Pater sieht, und dann nach Worten sucht. Der Arme ist völlig überrascht.

»Wie heißt du denn, mein Junge?«, fragt Chmielowski, um zu zeigen, wie sicher er sich fühlt in diesem düsteren, niedrigen Gewölbe, auch möchte er den Knaben dazu zu bewegen, etwas zu sagen, doch der bleibt stumm.

»Quod tibi nomen est?«, versucht es der Geistliche noch einmal, doch das Lateinische, das die Verständigung erleichtern soll, klingt viel zu feierlich – als wäre der Pater gekommen, um einen Exorzismus vorzunehmen, wie Christus, von dem es bei Lukas heißt, er habe sich mit eben dieser Frage an den Besessenen gewandt. Der Bengel reißt die Augen nur noch weiter auf, macht »bh, bh, bh« und verschwindet wie ein geölter Blitz hinter den Regalen, wobei er einen Knoblauchzopf vom Nagel reißt.

Chmielowski befindet, dass das unklug war; er kann nicht erwarten, dass hier jemand Lateinisch spricht. Mit kritischem Blick schaut er an sich hinunter. Unter dem Mantel schauen die Rosshaarknöpfe der Soutane hervor. Deshalb wahrscheinlich hat der Bengel sich so erschreckt – wegen der Soutane. Und er muss schmunzeln, denn der Prophet Jeremias fällt ihm ein, der auch einmal wirren Sinnes war und stammelte: »Aaa, Domine Deus, ecce nescio loqui!« – »Ach, HERR, Herr! Ich verstehe nicht zu reden!«

Der Dechant nennt den Bengel für sich Jeremias. Aber was nun, nachdem er so mir nichts, dir nichts verschwunden ist? Er sieht sich in dem Laden um, knöpft sich den Mantel zu. Pater Pikulski hat ihm geraten, hierher zu kommen, und er ist dem Rat gefolgt. Ob das wirklich eine gute Idee war? Er möchte es jetzt bezweifeln.

Von draußen kommt niemand herein, wofür Chmielowski dem Herrgott dankt. Der Anblick wäre auch gar zu wunderlich – ein katholischer Geistlicher, der Dechant von Rohatyn, um genau zu sein, wartet im Laden eines Juden, bedient zu werden, als wäre er ein Hausweib.

Pater Pikulski hatte ihm geraten, zu Rabbi Dubs nach Lemberg zu gehen, selbst sei er schon mehrfach dort gewesen und vieles hätte er erfahren können. Also begab sich auch Chmielowski dorthin, der alte Dubs aber hatte offenbar schon genug von katholischen Geistlichen, die ihn nach Büchern ausfragten. Als er Chmielowskis Bitte hörte, zeigte er sich unangenehm überrascht, und mit dem Gesuchten konnte er nicht dienen. Oder er tat nur so, als besäße er es nicht. Er machte ein biederes Gesicht, schüttelte den Kopf und schnalzte leise. Als Chmielowski fragte, wer ihm wohl helfen könne, fuchtelte Dubs mit den Armen, wandte den Kopf, als stünde jemand hinter ihm – das mochte besagen, dass er es nicht wusste oder nicht die Absicht hatte, es mitzuteilen. Pikulski erklärte später, dass es um jüdische Häresie gehe, denn obwohl die Juden sich damit rühmten, es gebe keine Häresie bei ihnen, waren sie offenbar doch gewillt, gewisse Ausnahmen zuzulassen, und diese hassten sie dann von ganzem Herzen.

Pikulski riet ihm schließlich, zu Schor zu gehen. Das Haus mit dem Laden am Markt. Dabei sah er Chmielowski seltsam an. War das Ironie? Oder kam es Chmielowski nur so vor? Vielleicht hätte er versuchen sollen, diese jüdischen Bücher über Pikulski besorgen zu lassen? Auch wenn er ihn nicht unbedingt mochte. Aber dann müsste er wenigstens jetzt nicht hier stehen und schwitzen. Eine peinliche Lage. Doch weil der Dechant auch seinen Trotz hatte, befand er sich jetzt in Rohatyn. Und etwas anderes war noch im Spiel, schwer zu erklären, schwer zu fassen – ein kleiner Wortzauber hatte sich in die Geschichte eingeschlichen. Wer wollte glauben, dass solche Dinge Einfluss haben auf den Gang der Welt? Chmielowski arbeitete nämlich eifrig über einem Passus bei Kircher, in dem von dem großen Ochsen Schorobor die Rede ist. Und diese Ähnlichkeit der Wörter brachte ihn womöglich hierher: Schor, Schorobor. Seltsam sind die Wege des Herrn.

Wo aber sind die berühmten Bücher? Wo ist die Persönlichkeit, die so furchtsamen Respekt einflößt? Das Geschäft sieht aus wie jeder gewöhnliche Krämerladen, doch der Besitzer ist angeblich der Nachfahre eines großen Rabbiners, des hochverehrten Weisen Salman Naftali Schor. Und hier jetzt der Knoblauch und die Kräuter, Tiegel mit Gewürzen, Einmachgläser in allen Größen, darin verschiedene Ingredienzien, zerstoßen, gemahlen oder noch in ihrer ursprünglichen Gestalt – Vanilleschoten, Gewürznelken, Muskatnuss. Außerdem liegen Stoffballen auf den Regalbrettern, auf eine Lage Heu gebettet. Seide und Atlas, wenn nicht alles täuscht, die leuchtenden Farben locken das Auge. Chmielowski überlegt, ob er nicht etwas brauche, da hat auch schon eine windschiefe Aufschrift auf einem großen dunkelgrünen Glas seine Aufmerksamkeit angezogen: »Herba the«. Jetzt weiß er, worum er bitten wird, wenn endlich jemand kommt, ihn zu bedienen: um eine kleine Portion dieser Kräuter, die seine Laune heben, was nichts anderes bedeutet, als dass er arbeiten kann, ohne müde zu werden. Außerdem fördert der Aufguss die Verdauung. Auch ein paar Gewürznelken könnte er noch kaufen, dann schmeckt der Wein besser, den er sich abends heiß macht. Die letzten Nächte waren so kalt, dass ihm die Füße zu Eisklötzen erstarrten und er sich nicht mehr auf sein Schreiben konzentrieren konnte. Er sucht mit den Blicken, ob hier nicht irgendwo eine Bank – als zwischen den Regalen ein kräftig gebauter, bärtiger Mann auftaucht. Er trägt ein langes wollenes Gewand, unter dem türkische Schnabelschuhe hervorspitzen, über die Schultern hat er sich einen dünnen, dunkelblauen Mantel geworfen. Er blinzelt, als käme er gerade aus einem Brunnenschacht. Hinter seinem Rücken macht jener Jeremias, der eben noch Hals über Kopf davongestürzt ist, neugierige Augen, und neben ihm erscheinen zwei weitere Gesichter, die ihm sehr ähnlich sehen, rotbackig und nicht minder vorwitzig. Gegenüber, in der Tür zum Markt hin, kommt atemlos ein schmächtiges Kerlchen zum Stehen, offenbar schon ein junger Mann, denn ein üppiger blonder Ziegenbart ziert sein Kinn. Er stützt sich an den Türstock, ringt nach Atem, er muss gerannt sein, was die Beine hergeben. Mit dreister Offenheit mustert er den Geistlichen, verzieht den Mund zu einem schelmischen Lächeln, wobei er gesunde, breit auseinanderstehende Zähne zeigt. Der Geistliche fragt sich, ob das nicht Hohn ist, der ihm da entgegengebracht wird. Die würdevolle Gestalt im Mantel behagt ihm eher, und an diese wendet er sich jetzt mit ausgesuchter Höflichkeit:

»Wenn der verehrte Herr die Heimsuchung verzeihen möchte …«

Der Mann sieht ihn in gespannter Erwartung an, dann ändert sich sein Gesichtsausdruck, der Anflug eines Lächelns zeichnet sich ab. Der Dechant begreift, dass sein Gegenüber nichts versteht, so versucht er es auf Latein, in freudiger Zuversicht, seinesgleichen gefunden zu haben.

Der Jude lenkt den Blick auf den immer noch keuchenden Burschen in der Tür, der sich jetzt mit forschem Schritt von der Schwelle löst; energisch zieht er sich die Jacke aus dunklem Tuch zurecht:

»Ich werde übersetzen«, verkündet er mit unerwartet tiefer Stimme, seine Worte haben eine weiche ruthenische Melodie, und während er freimütig auf den Dechanten deutet, sagt er ergriffen, dass dieser ein echter, waschechter Priester sei!

Dass ein Dolmetscher vonnöten sein könnte – daran hatte Chmielowski überhaupt nicht gedacht. Unbehaglich wird ihm zumute, denn die Angelegenheit, die er diskret behandelt wissen wollte, gewinnt unerwartet öffentlichen Charakter; fehlte nur noch, dass sich gleich der ganze Markt hier versammelt. Am liebsten wäre er wieder gegangen, hinaus in den kühlen Nebel, der nach Pferdedung riecht. Er fühlt sich bedrängt in diesem niedrigen Laden, in der Luft, die schwer ist vom Geruch der Gewürze, und jetzt steckt auch schon jemand von draußen die Nase herein, neugierig, was hier wohl im Gange sei.

»Ich möchte mit dem verehrten Elischa Schor sprechen, wenn es gestattet ist. Unter vier Augen …«

Die Juden sind überrascht. Sie wechseln einige Sätze. Jeremias verschwindet und taucht erst nach einer geraumen Weile unerträglichen Schweigens wieder auf. Das Anliegen des Paters wurde offenbar genehmigt, sie führen ihn hinter die Regale. Das Ganze wird begleitet von Flüsterstimmen, dem Tapsen von Kinderfüßen und unterdrücktem Gekicher – als stände hinter den dünnen Wänden eine ganze Menschenmenge, die durch die Bretterritzen zusieht, wie der Dechant von Rohatyn durch das verwinkelte jüdische Haus geht. Es erweist sich nämlich, dass der Laden am Markt nur der äußerste Ausläufer einer verzweigten Struktur ist, die etwas von einem Bienenstock hat: Zimmer, kleine Flure, Treppchen – viel größer ist das Haus, als es von der Marktseite aus scheinen mag, um einen Innenhof herum errichtet, den der Pater nur aus dem Augenwinkel durch das kleine Stubenfenster sehen kann, als sie einen Moment innehalten.

»Ich bin Hrytschko«, sagt das Kerlchen mit dem Ziegenbart, und Chmielowski wird sich bewusst, dass er alleine

Prev
Next
  • HOME
  • Copyright
  • Privacy Policy
  • DMCA Notice
  • ABOUT US
  • Contact Us

© 2019 Das Urheberrecht liegt beim Autor der Bücher. All rights reserved